Emotionen im Straßenverkehr: So fahren Sie runter

Gelassen bleiben im Straßenverkehr? Eine kleine Anleitung, wie Beschäftigte Emotionen bei der Verkehrsteilnahme kontrollieren können – inklusive Schulungsmaterialien des DVR und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV).

 

22.01.2019

Besonders im Straßenverkehr können starke Emotionen zu gefährlichen Situationen führen. Wer ihnen nachgibt und ausschließlich seine eigenen Interessen verfolgt, ignoriert Regeln, andere Verkehrsteilnehmer und geht hohe Risiken ein.
Erstaunlich: Nicht nur negative Emotionen erhöhen das Unfallrisiko. Auch Euphorie und Freude können fatale Auswirkungen haben. Doch der verantwortungsbewusste Umgang damit ist erlernbar.

Zunächst: Emotionen gehören zum Alltag. Psychologisch betrachtet resultieren Emotionen aus der mentalen Bewertung einer Situation und einem damit verbundenen, inneren Eindruck. Die Einschätzung etwa, dass etwas eine Bedrohung ist, kann Angst oder Zorn auslösen. Nicht selten führen solche Emotionen zu starken mentalen und körperlichen Reaktionen.

Angst und Furcht

Emotionen wie diese sind typisch für Situationen, die man für schwer oder nicht kontrollierbar hält. Ungeschützte Verkehrsteilnehmer – etwa Fußgänger, Rad- und Rollstuhlfahrer – erleben Angst und Furcht häufig. Denn sie sind besonders darauf angewiesen, dass motorisierte Verkehrsteilnehmer auf sie achten und Rücksicht nehmen. 

Aus Sicht von Fahrern können wiederum schlechte Sicht- und Wetterverhältnisse Angst auslösen, schlimmstenfalls sogar lähmen. Intensive Trainings können helfen, dass beunruhigende Situationen nicht zur Belastung werden. Wer mental vorbereitet ist, reagiert im Ernstfall richtig. 

Ärger, Wut und Zorn

Man ist entspannt und ohne Zeitdruck auf einer nahezu leeren Landstraße unterwegs. Doch plötzlich wird ein Drängler mit Lichthupe im Rückspiegel größer und größer – und damit vielleicht auch die Verlockung, ihm eine Lektion zu erteilen

Die meisten Autofahrer kennen diese oder ähnliche Situationen gut. Bevor man beginnt, sich für die vermeintliche Provokation zu rächen, sollte man sich vor Augen halten, dass es bei solch unnötigen Machtkämpfen nur Verlierer gibt. 

Trauer und Kummer

Besonders traurige Ereignisse, etwa der Verlust eines Menschen, erfordern oft unsere volle Aufmerksamkeit und bestimmen die Emotionen auch über einen längeren Zeitraum. Abschiede von wichtigen Menschen fallen niemandem leicht. Die Betroffenen sind von ihren Gefühlen eingenommen und nehmen viele Dinge mitunter zeitverzögert war. Konzentrationsstörungen und Vergesslichkeit sind typische Begleiterscheinungen. 

In solchen Situationen gilt für die Teilnahme am Straßenverkehr: Abwägen, ob man überhaupt in der Lage ist, ein Fahrzeug zu führen. Sobald Zweifel aufkommen, ist es ratsam, besser nicht zu fahren.  

Freude und Euphorie

Die Geburt eines Kindes, eine Gehaltserhöhung oder ein Lied im Radio: Sowohl große als auch kleine Ereignisse können starke positive Emotionen auslösen und beflügeln. 

Doch wem es so geht, der neigt zu übermütigem Verhalten und unterschätzt möglicherweise Risiken. Dann wird aus einer guten Nachricht womöglich eine Gefahr im Straßenverkehr. Wer „einen Gang runterschaltet“ oder eine Pause einlegt, sobald die Risikobereitschaft merklich steigt, sorgt dafür, selbst sicher ans Ziel zu kommen und andere nicht zu gefährden. 

Souveränität und Gelassenheit

Wer gelassen bleibt, lässt sich nicht auf jede Herausforderung und jeden Machtkampf ein. Souverän ist, wer selbst entscheidet und sich nicht von anderen verleiten lässt. Dazu gehört auch Geduld. 

Je nach persönlicher Einstellung und Tagesform ist es nicht immer leicht, entspannt zu reagieren – etwa in der Kolonne hinter einem Erntefahrzeug zu fahren oder wenn ein älterer Mensch  etwas länger braucht, um die Straße zu überqueren. Vermeiden Sie also Zeitdruck und versuchen Sie, sich in die Situation der anderen Verkehrsteilnehmer hineinzuversetzen.

Auch gute Nachrichten stören die Konzentration im Straßenverkehr

Keine Nachricht ist so wichtig wie das Leben eines Menschen. Belasten Sie niemanden, der gerade im Straßenverkehr unterwegs ist, mit Nachrichten. Am Steuer sowie auf dem Fahrrad ist es verboten, zum Handy zu greifen. Also: Stellen Sie das Handy in den Flugmodus oder aus während Sie unterwegs sind. 

Nach Berechnungen des Allianz Zentrums für Technik geht jeder zehnte Verkehrstote in Deutschland mittlerweile auf Ablenkung zurück.

Die Kontrolle behalten – aber wie?

Emotionen gehören zur menschlichen Psyche. Doch wie kontrolliert man sie, um im Straßenverkehr sicher anzukommen? In erster Linie hinterfragen Verkehrsteilnehmer am besten, in welchen Situationen bestimmte Emotionen aufkommen. Ist man beispielsweise bei Zeitdruck gereizt? Falls ja, sollte man im Vorfeld mehr Zeit einplanen. 

Grundsätzlich hilft auch ein Perspektivwechsel, also sich in die Lage anderer hineinzuversetzen. Das schafft Verständnis – und es fällt leichter, mehr Rücksicht zu nehmen. Ebenfalls lernt man, sich selbst aus der Perspektive anderer zu betrachten und so das eigene Verhalten zu hinterfragen. 

Die gedankliche Stopptaste drücken

Wer merkt, dass eine Emotion Überhand nimmt, etwa Wut oder Aggression, läuft Gefahr etwas zu tun, was er später bereut. Um das zu vermeiden, empfiehlt sich ein Gedankenstopp. Zum Beispiel: Sich laut sagen „Stopp! Ich lasse mich nicht provozieren.“ 

Wer sich gleichzeitig ein positives Erlebnis dabei in Erinnerung ruft, beispielsweise den vergangenen Urlaub oder einen schönen Tag im Grünen, hat gute Chancen, rücksichtsvoll zu handeln – und die Emotionen in Schach zu halten. 

Der folgende Film zeigt, welche fatalen Auswirkungen Emotionen im Straßenverkehr haben können. 

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Sie sind neugierig auf mehr geworden? Um Verkehrsteilnehmern die Auswirkungen von Emotionen bewusst zu machen und den Umgang damit zu erleichtern, bieten der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR), die Unfallkassen und die Berufsgenossenschaften mit dem Risiko-Check „Emotionen“ Hintergrundinformationen zum Thema. 

Ausführlich erklärt wird unter anderem, was Emotionen sind, warum sie wichtig sind, welche Folgen sie im Straßenverkehr haben und wie man sie kontrolliert.

Vom Sprechzettel bis zur Präsentation

Herzstück des Risiko-Checks sind Materialien für Seminare und Schulungen, die Interessierte, Fahrerlehrer, Polizisten, Lehrer und Verkehrsexperten kostenlos herunterladen und nutzen können. Sie dienen als Grundlage für eigene Schulungen und Vorträge zum Thema Emotionen. 

Es gibt spezielles Kursmaterial für Auto- und Motorradfahrer, für Lkw-Fahrer und auch Radfahrer und Fußgänger.

Bilder: iStock