10.03.2017
Kurvige Straßen in idyllischer Landschaft und den Fahrtwind spüren: Das macht für viele Biker den Reiz des Motorradfahrens aus. Nur eben nicht bei Eis und Schnee. Deshalb halten die meisten Maschinen Winterschlaf. Bevor es an den ersten warmen Tagen endlich wieder auf das Motorrad geht, wird es deshalb Zeit für einen kurzen Frühjahrscheck – und zwar für Motorrad und Fahrer.
Funktionieren die Bremsen? Haben die Reifen genügend Luft? Ist die Bekleidung noch in Ordnung? Und wann lohnt sich ein Motorradtraining? Vor der ersten großen Tour auf zwei Rädern müssen Biker zunächst prüfen, ob mit ihrer Maschine, ihrer Ausrüstung und ihren Fahrkünsten alles stimmt. Die gute Nachricht zum Start in die Motorradsaison: „Wenn man das Motorrad sorgfältig für den Winter eingemottet hat, ist das eigentlich keine große Sache“, sagt Michael Lenzen, Vorsitzender des Bundesverbands der Motorradfahrer (BVDM).
Schritt 1: Sichtkontrolle
„Der erste Schritt ist immer die Sichtkontrolle“, erklärt Lenzen. „Ich checke also erst einmal, ob es Roststellen oder andere Probleme gibt.“ Dazu muss das Motorrad allerdings sauber sein – also zunächst ab zum Waschplatz damit. Das gilt zumindest, wenn die Metallteile am Motorrad im Winter per Konservierungsöl geschützt waren. Wer darauf verzichtet hat, etwa weil die Maschine witterungsfest in der Garage stand, muss das Motorrad in der Regel nur kurz abstauben. Denn gründlich gereinigt hat man es im Idealfall schon vor dem Winter.
Für die erste Sichtkontrolle muss das Motorrad sauber sein.
Schritt 2: Routinecheck
Anschließend folgt die Kontrolle aller wichtigen Bauteile, angefangen bei der Kette: Hier sollten Motorradfahrer einmal sicherstellen, dass es keinen Verschleiß und keine Durchhänger gibt. Dann folgt die gesamte Elektronik – also nicht nur die Lichtanlage, sondern zum Beispiel auch Kill- und Kupplungsschalter. Und ein Bremsentest am aufgebockten Motorrad ist ebenfalls Pflicht. Man kann außerdem noch die Radlager auf Leichtgängigkeit prüfen, ergänzt Lenzen. Solche Handgriffe seien für die meisten Biker aber ohnehin Routine: „Das sind eigentlich Kontrollen, die vor jeder Fahrt selbstverständlich sein sollten.“
Schritt 3: Reifen und Füllstände
Neben den Routinekontrollen gibt es nach langer Standzeit noch ein paar andere Dinge zu überprüfen. Das sind vor allem diverse Füllstände, darunter Öl, Kühl- und Bremsflüssigkeit. Auch die Ladung der Batterie ist einen Blick wert – und natürlich auch Druck und Profiltiefe der Reifen. Letztere sollte mindestens bei 1,6 Millimetern liegen. Sind die Reifen zu abgefahren oder anderweitig beschädigt, müssen neue her. Mit denen sollten Motorradfahrer auf den ersten Touren aber noch besonders vorsichtig fahren. Bis neue Reifen den richtigen Grip aufbauen, kann einige Zeit vergehen.
Alles, was sicherheitsrelevant ist, gehört in die Hände von Profis.
Schritt 4: Werkstatt und Prüfstelle
Eine Werkstatt müssen Motorradfahrer für den Frühjahrscheck nicht zwingenderweise aufsuchen. „Das meiste schaffen versierte Laien alleine“, sagt Lenzen. Wer jedoch unsicher ist, sollte ruhig beim Fachmann vorbeischauen – vor allem, wenn bei der Kontrolle die Bremsen und andere lebenswichtige Bauteile Probleme machen. „Alles, was sicherheitsrelevant ist, gehört in die Hände von Profis“, erklärt Lenzen. Hobbyschrauber, die ihr Motorrad im Winter mit neuen Teilen ausgestattet haben, müssen vor der ersten Tour eventuell noch zur Prüfstelle, um eine Änderungsabnahme durchführen zu lassen, damit die Betriebserlaubnis nicht erlischt. Es ist daher grundsätzlich besser, nur solche Teile zu verwenden, für die eine allgemeine oder fahrzeugspezifische Genehmigung vorliegt. Idealerweise informiert man sich bereits vor der Änderung z. B. bei einer Technischen Prüfstelle.
Schritt 5: Der Fahrercheck
„Viel wichtiger ist eigentlich die Frage, ob der Fahrer fit für den Frühling ist“, sagt Lenzen. „Wenn ich mehrere Monate nicht gefahren bin, muss ich mich erst wieder an das Fahrgefühl herantasten.“ Dafür empfiehlt der Experte mindestens ein paar Grundübungen auf einem Verkehrsübungsplatz, besser noch ein Fahrsicherheitstraining. „Da gibt es inzwischen sehr viele Angebote, die auf verschiedene Bedürfnisse abgestimmt sind“, sagt Lenzen.
Durch das Training werden die eigenen Fahrkünste nicht nur aufgefrischt, sondern womöglich auch verbessert. Typische Fehler und Verbesserungspotenziale fallen unter fachkundiger Aufsicht schließlich viel schneller auf.
Wichtig ist, ob der Fahrer selbst fit für den Frühling ist.
Darüber hinaus sollten Motorradfahrer auf den ersten Touren noch an typische Herausforderungen im Frühling denken: Selbst wenn es tagsüber schon wieder warm ist, kann es nachts oder in waldigen Senken noch relativ kalt werden – nasse oder glatte Straßen sind die Folge. Ebenfalls kann es unerwartete Wetterumschwünge geben – etwa Regenschauer und Nebel. Einstellen sollten sich Biker darüber hinaus auf die tiefstehende Sonne und wechselnde Lichtverhältnisse. Andere Verkehrsteilnehmer müssen sich wiederum daran gewöhnen, dass die Zweiradsaison begonnen hat: „Die Autofahrer rechnen eventuell noch nicht mit Motorradfahrern“, sagt Lenzen. Um so aufmerksamer und vorsichtiger sollten Biker sein und damit rechnen, dass Autofahrer sie nicht wahrnehmen. Um die Sichtbarkeit zu erhöhen, tragen Biker am besten immer eine Warnweste.
Der Helm ist Pflicht
Wichtig ist auch, eine feste Jacke, Handschuhe und Stiefel zu tragen. Zusätzlichen Schutz bieten Jacken und Hosen mit herausnehmbaren oder fest eingebauten Protektoren. Letztere schützen allerdings nur optimal, wenn sie immer an der richtigen Stelle sitzen und nach der Norm CEN 1621-1 beziehungsweise EN 1621-1 geprüft und zertifiziert sind. Rückenprotektoren sollten der Norm CEN 1621-2 entsprechen. Auf einen Helm dürfen Motorradfahrer keinesfalls verzichten. Er ist der wichtigste Schutz, das Tragen ist Pflicht. Er sollte eng am Kopf anliegen, sich nicht bewegen lassen und mit einem kratzfesten und beschlagfreiem Visier ausgestattet sein. Das Modell sollte möglichst nach der Norm ECE R 22 – Version 0,5 – geprüft sein.
Motorradfahrer sind eine Risikogruppe
2018 sind in Deutschland 619 Menschen auf Krafträdern mit amtlichem Kennzeichen tödlich verunglückt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes entspricht das einem Anstieg von 6,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Die Ursache für Unfälle mit Todesfolge ist häufig: zu schnelles Fahren. Besonders in engen Kurven kommen selbst die besten Motorradfahrer an ihre Grenzen. Deshalb hilft nur eines: Immer mit angepasster Geschwindigkeit fahren. Das bedeutet: Nicht nur die zulässige Höchstgeschwindigkeit einhalten, sondern das Tempo stets an die Wetter- und Straßenverhältnisse anpassen.
Jede Gefährdung beim Überholen vermeiden
Besonders riskant sind Überholmanöver. Auch Biker mit langjähriger Erfahrung sollten sich dessen bewusst sein. Grundsätzlich gilt: Überholen darf nur, wer sicherstellt, dass während des gesamten Überholvorgangs jede Behinderung des Gegenverkehrs und jede Gefährdung ausgeschlossen sind. Konkret bedeutet das: Will ein Motorradfahrer beispielsweise einen Lkw auf einer Landstraße überholen, der mit 70 km/h unterwegs ist, benötigt er dafür unter Ausschöpfung der maximal erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h eine Strecke von etwa 350 Metern – sofern er vor und nach dem Überholen die vorgeschriebenen Sicherheitsabstände einhält. Weil der Biker mit aufkommendem Gegenverkehr rechnen muss, sollte er mindestens die doppelte Strecke, also 700 Meter, einsehen können.
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Weiterführende Links
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Frühjahrs-Checkliste (Institut für Zweiradsicherheit)
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„Fit bleiben mit Hirn“
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„Fahren mit Hirn“
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„Motorrad fahren gut und sicher“
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