Kinder im Auto sicher befördern – so geht es richtig

Vom Kauf über den Einbau bis zum Anschnallen – das müssen Eltern wissen.

 

13.11.2018

Eine Mitfahrt im Auto kann für Kinder gefährlich sein. 2017 starben 61 Kinder bis 15 Jahre bei Unfällen im Straßenverkehr, mehr als ein Drittel (23) davon als Mitfahrer in einem Pkw. 10.942 mitfahrende Kinder wurden verletzt. Erschreckend, denn Todesfälle und Verletzungen ließen sich vermeiden oder abmildern, wenn die vorgeschriebenen Kindersitze richtig eingesetzt würden. Werden sie aber oft nicht. Rund die Hälfte aller Erwachsenen (48 Prozent) macht dabei Fehler, so das Ergebnis einer Stichprobe der Unfallforschung der Versicherer (UDV).

Quote der schweren Fehler steigt

1.042 im Auto gesicherte Kinder erfasste die UDV bei ihrer Stichprobenstudie. In 496 Fahrzeugen (47,6 Prozent) fanden die Unfallforscher einen unsachgemäßen Gebrauch der Rückhaltesysteme vor. Besonders alarmierend: Den Eltern unterlaufen immer häufiger gravierende Fehler, wie ein zu loser Gurt bei der Beförderung, das Vertauschen von Becken- mit dem Schultergurt oder das Nichtabschalten des Airbags bei Babyschalen auf dem Beifahrersitz. Betrug die Quote für diese Fehler laut einer vergleichbaren Studie in 2008 noch 20,9 Prozent, waren es bei der aktuellen Untersuchung schon 50,3 Prozent. „Das Hauptproblem ist, dass die Erwachsenen Fehler machen und es nicht besser wissen“, sagt UDV-Leiter Siegfried Brockmann. Unter Fehlgebrauch verstehen Unfallforscher etwa einen nicht passenden Kindersitz, eine falsche Gurtführung oder eine mangelhafte Montage.

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Die ersten Fehler geschehen schon beim Einbau

Wer glaubt, die Montage eines Kindersitzes sei ein Kinderspiel, liegt falsch. „Rückhaltesysteme einbauen ist manchmal sehr schwierig. Und deswegen ist es wichtig, sich die Anleitung genau durchzulesen,“ erläutert Experte Brockmann. Schuld bei falschem Einbau seien aber nicht nur die Eltern. Auch bei den Herstellern sieht der Unfallforscher Verbesserungspotenzial, denn einige Rückhaltesysteme seien zu schwierig zu montieren. „Und wenn der Einbau zu kompliziert oder die Anleitung nicht eindeutig ist, dann führt das automatisch zu groben Fehlern“, sagt Brockmann und fordert Nachbesserung.

Das größte Problem? Die falsche Gurtführung

Die meisten Fehler bei der Befestigung einer Babyschale oder eines Kindersitzes machen Eltern bei der Führung des Gurts. Bei dem Stichprobentest wurde der Sicherheitsgurt entweder nicht durch die richtigen Öffnungen geführt oder war zu locker angezogen. Erschreckend dabei: Knapp 50 Prozent  der befragten Eltern gaben an, nicht zu wissen, wie der von ihnen genutzte Kindersitz handzuhaben ist. Wer mit der Anleitung nicht klar kommt, sollte sich von einer versierten Person den Einbau möglichst im eigenen Fahrzeug vorführen lassen.

Isofix: Die sichersten Kindersitze sind fest mit dem Auto verbunden

Rückhaltesysteme, die nur vom Autosicherheitsgurt gesichert werden, sind unsicherer. Sie stehen instabiler auf dem Sitz, und die Gefahr eines Fehlgebrauchs durch falsche Gurtführung ist hoch. Optimal sind Isofix-Systeme, die über eine Verankerung fest mit dem Auto verbunden und leicht zu montieren sind. Am Isofix-Kindersitz sind zwei Rastarme aus Metall angebracht. Sie werden ausgeklappt oder herausgezogen und in die im Fahrzeug befindlichen Haltebügel eingehakt.

Kindersitze am besten im Fachmarkt kaufen

Das Angebot an Kindersitzen ist riesig. Viele Informationen finden Interessierte im Internet, beispielsweise in Testberichten der Fachmedien. Einfach den Testsieger zu bestellen, reicht aber nicht. Ob der Sitz wirklich passt, zeigt erst der Praxistest im Fachhandel. Denn Rückhaltesysteme sollten immer im eigenen Auto getestet werden. Dabei darauf achten, dass der Gurt lang genug ist und das System eben auf dem Autositz aufliegt. Wackelt der Kindersitz? Dann passt er nicht ins vorgesehene Auto. Auch auf die Breite achten. Ein Kindersitz sollte dicht am Gurtschloss montiert werden, es aber nicht berühren. Grund: Das Schloss könnte sich durch leichte Bewegungen des Kindersitzes während der Fahrt öffnen. 

Damit Kinder es auch auf längeren Fahrt bequem haben, sollte ein Kindersitz gut gepolstert sein und einen atmungsaktiven Stoffbezug haben. Auch das lässt sich direkt beim Fachhändler prüfen. Dunkle Stoffe heizen sich im Sommer schnell auf und werden so für kleine Kinder eine Qual. Vor Flecken bei hellem Stoff sollten Mama und Papa keine Angst haben, bei hochwertigen Kindersitzen ist der Bezug abnehmbar und waschbar.

 

Welcher Kindersitz ab wann?

Kindersitz-Gruppe

Körpergewicht des Kindes

Altersbereich

Gruppe 0/0+ (Babyschale)

bis 13 kg

bis 18 Monate

Gruppe 0/1

bis 18 kg

bis 3 Jahre

Gruppe 1

9 kg bis 18 kg

1 bis 3 Jahre

Gruppe 2/3

15 kg bis 36 kg

3 bis 12 Jahre

Gruppe 1/2/3

9 kg bis 36 kg

9 Monate bis 12 Jahre

Babyschale, Kindersitz, Sitzerhöhung – was für welches Kind?

Babys und Kleinkinder müssen bis zum Alter von 15 Monaten in rückwärts gerichteten Babyschalen der Gruppen 0, 0+ oder 1 befördert werden. Grund: Bei Kleinkindern ist der Kopf verhältnismäßig schwer und die Muskulatur noch zu schwach, um Energie abzufangen, gerade bei einem Frontalunfall. In Babyschalen werden Kopf und Rücken großflächig abgestützt. Eltern sollten deshalb nicht zu früh auf einen vorwärts gerichteten Kindersitz wechseln. Die Babyschale ist das sicherste System. Der UDV rät dazu diese Rebound-Sitze sogar bis zum Alter von 18 Monaten zu nutzen. Vorausgesetzt das Kind ist für den Sitz nicht zu groß. Das ist der Fall, wenn der Kopf über den Rand ragt. Bei der Montage auf dem Beifahrersitz – eine Position, die die meisten Eltern bevorzugen – muss der Beifahrerairbag deaktiviert werden! Ist er es nicht, kann er Babyschale oder Rebound-Sitz beim explosionsartigen Auslösen zerquetschen und im schlimmsten Fall das Kind töten. Ist der Airbag nicht abschaltbar, muss das Kind auf die Rückbank.

Experten raten: Erst spät von Babyschale auf Gruppe 1 wechseln

Im Alter von zwölf bis 18 Monaten werden die meisten Kinder zu groß für die Babyschale. Dann folgt ein Sitz der Gruppe 1. Dieses Rückhaltesystem hat einen integrierten Hosenträgergurt oder einen Fangkörper vor dem Becken. Es bietet einen guten Seitenhalt und kann je nach Modell auch gegen die Fahrtrichtung montiert werden. Das ist ein Vorteil, weil die rückwärtsgerichtete Platzierung die Sicherheit bei Unfällen erhöht. Unfallforscher raten deshalb zu einer möglichst langen Nutzung dieser sogenannten Rebound-Sitze. Allerdings nicht mehr, wenn der Nachwuchs über 18 Kilogramm wiegt.

Gruppe 2 und 3: Am besten immer mit integrierter Rückenlehne

Im Alter von drei bis fünf Jahren wird es meist auch in Gruppe-1-Sitzen eng. Dann ist es Zeit für eine Sitzerhöhung mit Rückenlehne. Bei den Sitzen der Gruppen 2 und 3 werden die Kinder mit dem Dreipunktgurt des Autos gesichert. Kopfstützen und Gurtführung sind in der Regel verstellbar und lassen sich an die Größe des Kindes anpassen. Bei Sitzerhöhungen sollten Eltern so lange wie möglich die Rückenlehne des Systems nutzen, sie bietet einen optimalen seitlichen Kopf- und Körperschutz.

Das sagt der Gesetzgeber

Wenn Eltern ein Kind ohne Rückhaltesystem im Auto mitnehmen, handeln sie nicht nur fahrlässig, sondern auch gegen die Vorschriften. Die StVO regelt klar, dass Kinder bis zu einem Alter von zwölf Jahren und mit einer Körperlänge unter 150 Zentimeter nur in geeigneten Rückhaltesystemen mitfahren dürfen. Verstöße gegen die Kindersicherungspflicht werden mit Bußgeldern ab 30 Euro aufwärts geahndet. Ist ein Kind gar nicht gesichert, erhöht sich das Bußgeld auf 60 Euro und bei mehreren völlig ungesicherten Kindern auf 70 Euro. In beiden Fällen kommt ein Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei hinzu.  

In jedem Fall sollte ein Kindersitz nach der Prüfnorm UN ECE Reg. 44 /034 oder nach der neuen ECE i-Size z zugelassen sein, zu erkennen an einem am Kindersitz angebrachten Prüfsiegel.

Eine große Gefahr: Die lasche Einstellung einiger Eltern

Zurück zur UDV-Stichprobenstudie. Rund jeder fünfte Erwachsene ist sich seiner Fehler bei der Kindersicherung bewusst. Als Gründe führen die Eltern Zeitnot oder eine kurze Fahrtstrecke an. Nach dem Motto: „Wird schon gut gehen, ist ja nicht weit.“ Dass viele Eltern die Gefahr auf Kurzstrecken unterschätzen, belegen auch Untersuchungsergebnisse der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). Bei einer vom BASt durchgeführten Studie waren innerorts 14 Prozent aller überprüften Kinder im Auto nicht mit Kindersitzen gesichert. Bei Kleinkindern unter fünf Jahren fanden die Unfallforscher noch neun Prozent ohne Kinderrückhaltesystem vor. Ein alarmierendes Ergebnis, denn gerade innerorts ist das Unfallrisiko auf Grund der erhöhten Verkehrsdichte und oftmals unübersichtlichen Verkehrssituationen hoch.

Schnell mal eben losfahren? Mit Kindern? Bitte nicht!

Vor Fahrtantritt sollte deshalb der Kindersitz regelmäßig geprüft werden. Laufen die Gurte noch in den Führungen? Sind sie vielleicht verdreht? Liegt der Kindersitz eben auf der Sitzfläche des Autositzes auf? Kurzes Rütteln und Ziehen reichen meist aus, um zu erkennen, ob alles in Ordnung ist. Auch bei einem Ampelstopp hilft ein kurzer Blick zum Kind. Hängt ein Gurt locker in der Luft, stimmt etwas nicht. Dann gibt es nur eins: rechts ran und den Gurt nachziehen! So viel Zeit muss sein.

Bilder: DVR, Video: GdV