Seitenwind – die unterschätzte Gefahr

An einigen Stellen weht es oft besonders kräftig. Mit diesen Tipps „segeln“ Sie nicht von der Straße.

 

27.05.2020

Prasselnder Regen, sengende Hitze oder eisige Kälte – hinter dem Lenkrad wähnt man sich vor extremen Wetterlagen besser geschützt als etwa Fußgänger oder Radfahrer. Doch eine Gefahr unterschätzen Fahrer immer wieder. Sie ist unsichtbar und trifft Kraftfahrer oft unvorhergesehen: starker Wind. Trifft er plötzlich seitlich auf das Fahrzeug, kann es brenzlig werden.

Schon Windgeschwindigkeiten von 29 bis 49 Kilometern pro Stunde (Windstärke 5-6) beeinträchtigen mitunter das Fahrverhalten von Kraftfahrzeugen. Stärkere Seitenwinde können verursachen, dass ein Fahrzeug aus dem Fahrstreifen gerät oder ausbricht. Im Extremfall drohen dann Kollisionen oder – bei größeren Fahrzeugen – gar ein Umkippen. Bläst der Wind mit 62 Kilometern pro Stunde und mehr (ab Windstärke 8) wehen womöglich Gegenstände, Äste oder Bäume auf den Fahrstreifen. Besonders tückisch: Im geschützten Fahrzeug fällt es schwer, die Windstärke zu beurteilen.

Über 80 % der Unfälle mit Personenschaden aufgrund von Seitenwind ereigneten sich 2019 außerorts.

Hier wehen Seitenwinde besonders oft

Grundsätzlich windet es an Küsten- und in Höhenlagen kräftiger als im Binnenland. Dort sind schnelle, oft die Richtung wechselnde Böen üblicher. Im Straßenverkehr kommt es immer wieder an ähnlichen Stellen zu starken Seitenwinden. Dazu zählen Talbrücken, Waldschneisen, Tunnelausfahrten sowie die Enden von Unterführungen und Lärmschutzwänden. Auch beim Überholen, wenn man den Windschatten insbesondere größerer Fahrzeuge verlässt, kann es plötzlich sehr windig werden. Motorradfahrer sollten hier besonders vorsichtig sein.

 

Wechselt die Fahrtrichtung auf sehr kurvigen Straßen häufig, weht auch der Wind immer wieder aus verschiedenen Richtungen gegen das Fahrzeug. Wenn zum Seitenwind weitere Faktoren wie Fahrbahnglätte durch Nässe, Schnee oder Eis hinzukommen, steigt das Unfallrisiko zusätzlich.

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Luftaufnahme einer Talbrücke im Schwarzwald
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Auf Talbrücken - wie hier im Schwarzwald - wehen Seitenwinde oft besonders stark.

Ein mäßig aufgeblähter Windsack neben einer Autobahn.
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Je waagerechter der Windsack weht, desto kräftiger der Wind.

Verkehrsszene kurz vor einer Tunnelausfahrt.
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Auch an Tunnelausfahrten könne Winde plötzlich auf Fahrzeuge treffen.

Autos nähern sich dem Ende einer Lärmschutzwand.
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Wo Lärmschutzwände enden, kann es mitunter kräftig wehen.

Ein Pkw überholt zwei Lkw auf der Autobahn.
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Vorsicht gilt, wenn man beim Überholen den Windschatten des Vordermanns verlässt.

Verhaltenstipps für stürmische Zeiten

Das Wetter kann man bekanntlich nicht beeinflussen. Wohl aber, wie man sich dazu verhält. Schon einfache Maßnahmen helfen, Unfälle aufgrund von Seitenwind zu vermeiden. Vor Abfahrt den Wetterbericht checken, er enthält meist eine Windvorhersage. Unterwegs das Lenkrad mit beiden Händen festhalten und ausreichend Abstand zum vorausfahrenden Verkehr halten. Dann kann man im Ernstfall rechtzeitig reagieren.

 

Hin und wieder die Umgebung beobachten: neigen sich Bäume und Sträucher stark, deutet das auf hohe Windgeschwindigkeiten hin. Wenn Blätter in der Luft sind, können auch Äste herabfallen. Vor Talbrücken sind häufig Windsäcke installiert. Je waagerechter sie in der Luft stehen, desto kräftiger windet es. Beträgt der Neigungswinkel zum Pfosten, an dem sie montiert sind, mehr als 45 Grad, weht der Wind mit Stärke 5 und mehr. Besondere Vorsicht gilt auch, wenn das Verkehrszeichen 117 „Seitenwind“ (rotes Dreieck mit Windsack auf weißem Grund) am Straßenrand steht.

Risiko unangepasste Geschwindigkeit

Verkehrsteilnehmer müssen grundsätzlich ihr Tempo den Witterungsverhältnissen anpassen. Den Wind sollte man hierbei nicht unterschätzen, wie Studien zeigen. Ein Pkw, der 100 Kilometer pro Stunde schnell ist, wird bei Seitenwind mit Stärke 8 um einen Meter seitlich versetzt. Bei Tempo 140 sind es bereits vier Meter. Wenn abgefahrene Reifen die Bodenhaftung des Fahrzeugs verringern, verstärkt das diesen Effekt womöglich zusätzlich.

Besonders windanfällig: ein großflächiges Wohnmobil mit Anhänger.

Tipps für „großflächige“ Fahrzeuge und Gespanne

Neben der Geschwindigkeit sind Größe und Gewicht weitere Faktoren für die Windanfälligkeit eines Fahrzeugs bzw. Gespanns. Wer etwa mit dem Wohnmobil, Caravan, Transporter, Miet-Lkw, Anhänger oder Dachlasten unterwegs ist, bietet dem Wind mehr Angriffsfläche als ein gewöhnlicher Pkw. Wenig oder nur leichte Ladungen verstärken die Auswirkungen starker Seitenwinde zusätzlich. Größere Fahrzeuge lassen sich unter Umständen bereits bei Windstärke 7 (ab 56 km/h Windgeschwindigkeit) nicht mehr in der Spur halten oder können sogar umfallen. Ein umkippendes beziehungsweise umgekipptes Fahrzeug stellt nicht nur eine Gefahr für sich, sondern auch für andere Verkehrsteilnehmer dar. Deshalb gilt: bei starkem Wind langsamer fahren und gegebenenfalls den nächsten Rastplatz ansteuern. Vor allem ungeübte Fahrer sollten sich dessen bewusst sein.

Bilder: Shutterstock, DVR