Unangepasste Geschwindigkeit: 963 Verkehrstote in 2019
Zu schnelles Fahren bleibt Ursache Nummer eins bei Unfällen mit Todesfolge.
15.09.2020
Im Jahr 2019 kam es laut Statistischem Bundesamt in Deutschland zu 300.143 Verkehrsunfällen mit Personenschaden. Dabei starben 963 Menschen, weil Fahrer mit unangepasster Geschwindigkeit unterwegs waren. Damit geht rund jeder dritte Verkehrstote auf diese Unfallursache zurück. Insgesamt kamen 3.046 Menschen im Jahr 2019 im Straßenverkehr ums Leben.
Auch wer sich an das Tempolimit hält, kann zu schnell sein.
Vielen Verkehrsteilnehmern ist es nicht bewusst: Fahren mit unangepasster Geschwindigkeit bedeutet nicht nur, die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten. In vielen Fällen kann man ebenfalls zu schnell sein, obwohl man das Tempolimit einhält oder unterschreitet. Denn: Die zulässige Höchstgeschwindigkeit gilt nur bei idealen Bedingungen. Dazu heißt es in §3 der Straßenverkehrsordnung (StVO): „Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 Meter, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.“
Geschwindigkeit immer anpassen – vor allem wegen der schwächeren Verkehrsteilnehmer
Besondere Rücksicht verlangt der Gesetzgeber außerdem gegenüber schwächeren Verkehrsteilnehmern: „Wer ein Fahrzeug führt, muss sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.“ Im Verkehrsalltag kann also auch Schritttempo erforderlich sein – etwa, wenn der Fahrer ein Kind am Fahrbahnrand spielen sieht.
31,6 Prozent der Verkehrstoten gehen auf unangepasste Geschwindigkeit zurück
Dass viele Fahrer zu schnell sind, belegen Auswertungen des Statistischen Bundesamtes. So registrierte die Polizei 2019 in 41.173 Fällen unangepasste Geschwindigkeit als Ursache eines Unfalls mit Personenschaden. Lediglich 2.130 Mal überschritten Fahrer dabei die zulässige Höchstgeschwindigkeit. Deutlich häufiger waren Fahrer mit unangepasster Geschwindigkeit unterwegs, ohne dabei das vorgegebene Tempolimit zu überschreiten (39.043 Fälle). 2019 kamen insgesamt 963 Menschen bei Geschwindigkeitsunfällen ums Leben – jeder Dritte aller tödlich verunglückten Verkehrsteilnehmer.
Mehr Unfälle innerorts, aber mehr Unfalltote außerorts
Insgesamt kamen 2.114 Verkehrsteilnehmer außerorts (Landstraßen und Autobahnen) ums Leben. Das sind mehr als zwei Drittel aller Verkehrstoten (69,4 Prozent). Ein Grund dafür sind die deutlich höheren Geschwindigkeiten, mit denen Fahrer außerorts unterwegs sind. Während innerorts der „Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug, das einbiegt oder kreuzt“ mit 31,7 Prozent die häufigste Unfallart war, war es außerorts das „Abkommen von der Fahrbahn“ mit 28,4 Prozent bei Unfällen mit Personenschaden. In der Regel werden solche Unfälle durch eine nicht angepasste Geschwindigkeit verursacht. 24.384 Mal war bei Außerorts-Unfällen mit Personenschaden das Fahren mit unangepasster Geschwindigkeit eine Unfallursache – und damit die meistgenannte.
Unfälle mit unangepasster Geschwindigkeit vor allem in Frühjahr und Sommer
Die Statistik zeigt auch, dass sich besonders viele tödliche Unfälle nicht etwa in der kalten Jahreszeit mit schwierigen Sicht- und Straßenbedingungen ereignen, sondern in Monaten mit guten Wetterverhältnissen. Motorisierte Verkehrsteilnehmer sind dann häufig schneller unterwegs. So gab es 2019 die meisten Unfalltoten in den Monaten Juni (343 Tote), August (320) und Oktober (276), während im Wintermonat Februar beispielsweise 195 Unfalltote registriert wurden.
Unangepasste Geschwindigkeit ist Hauptfehler bei Fahranfängern
Fahranfänger im Alter zwischen 18 und 24 Jahren verursachten 2019 viele Unfälle mit Personenschaden. 11.116 Mal war Fahren mit unangepasster Geschwindigkeit dabei die Ursache – der häufigste Fehler in dieser Altersgruppe. Mit zunehmendem Alter verursachen Verkehrsteilnehmer immer weniger Geschwindigkeitsunfälle. So nahm die Polizei lediglich 3.556 Mal unangepasste Geschwindigkeit als Fehler bei Verkehrsteilnehmern ab 65 Jahren auf, wenn sie in einen Unfall mit Personenschaden verwickelt waren.
Wie das Tempo den Anhalteweg verlängert
Fahrzeuggeschwindigkeit | Reaktionsweg | Bremsweg | Gesamt (Anhalteweg) |
30 km/h | 8,3 m | 5,3 m | 13,6 m |
50 km/h | 13,9 m | 14,8 m | 28,7 m |
100 km/h | 27,8 m | 59,3 m | 87,1 m |
130 km/h | 36,1 m | 100,3 m | 136,4 m |
150 km/h | 41,7 m | 133,6 m | 175,3 m |
So vermeiden Sie Unfälle aufgrund unangepasster Geschwindigkeit
● Verlassen Sie sich im Straßenverkehr nicht nur auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit. Passen Sie Ihr Tempo stets an äußere Verhältnisse wie Nebel, Regen oder Schnee, Eis bzw. unübersichtliche Strecken- und Kurvenverläufe oder eine schlechte Straßenbeschaffenheit an.
● Bei Sichtweiten unter 50 Meter dürfen Sie auch außerorts nicht schneller als 50 km/h fahren.
● Nehmen Sie Rücksicht auf andere und rechnen Sie insbesondere bei Kindern und älteren oder hilfsbedürftigen Menschen damit, dass diese im Straßenverkehr unsicher sind.
● Unfälle durch schlechte Sicht gibt es nicht nur im Winter. Die tief stehende Sonne oder plötzlich auftretender Nebel in der Nähe von Gewässern können Ihnen auch in anderen Jahreszeiten unvermittelt die Sicht nehmen. In allen Fällen gilt dann: „Runter vom Gas!"
So werden Unfalldaten erhoben
Polizeibeamte tragen die Ursachen eines Verkehrsunfalls in ein sogenanntes Erhebungspapier ein. Dabei greifen sie auf ein seit 1975 geltendes Ursachenverzeichnis zurück. Wichtig: Die Beamten können pro Unfall zwei allgemeine Ursachen angeben, beispielsweise Straßenverhältnisse, Witterungseinflüsse oder Hindernisse. Ebenso können sie dem Hauptverursacher und einem weiteren Beteiligten jeweils bis zu drei personenbezogene Fehler zuschreiben. Dieses sogenannte personenbezogene Fehlverhalten umfasst beispielsweise das Missachten der Vorfahrt, Fahren mit unangepasster Geschwindigkeit und falsche Straßenbenutzung. Pro Unfall sind demnach bis zu acht Unfallursachen möglich. Das erklärt, warum die Statistik 2019 mehr personengebundene Verfehlungen von Beteiligten (368.149) als Unfälle mit Personenschaden (300.143) aufweist. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden erhält und erfasst alle Daten aus den Bundesländern und erstellt die bundesweite Verkehrs- und Unfallstatistik.
Begriffsdefinitionen
Hier ansehen- Unfälle mit Personenschaden ...
... sind Alleinunfälle oder Zusammenstöße, bei denen Personen verletzt oder getötet werden.
- Schwerwiegende Unfälle mit Sachschaden ...
... sind Unfälle, bei denen als Unfallursache eine Ordnungswidrigkeit (Bußgeld) oder Straftat vorliegt und bei denen gleichzeitig ein Kraftfahrzeug aufgrund eines Unfallschadens von der Unfallstelle abgeschleppt werden muss. Das gilt z. B. auch für Fälle, bei denen der Fahrer unter dem Einfluss berauschender Mittel steht.
- Verunglückte ...
... sind Personen (auch Mitfahrer), die bei einem Unfall verletzt oder getötet werden. Verunglückte werden auch als Verkehrsopfer oder Unfallopfer bezeichnet.
- Getötete ...
... sind Personen, die innerhalb von 30 Tagen an den Folgen eines Unfalls sterben.
- Schwerverletzte ...
... sind Personen, die unmittelbar für mindestens 24 Stunden zur stationären Behandlung in einem Krankenhaus aufgenommen werden.
- Leichtverletzte ...
... sind Personen mit allen anderen Arten von körperlichen Schäden, die durch einen Unfall verursacht wurden.
- Beteiligte ...
... werden alle Fahrzeugführer oder Fußgänger genannt, die selbst (oder deren Fahrzeug) Schaden erlitten oder hervorgerufen haben. Verunglückte Mitfahrer zählen demnach nicht zu den Unfallbeteiligten.
- S-Pedelecs…
… sind Fahrräder, bei denen ein E-Motor den Fahrer bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h unterstützt. Es gilt Helm-, Führerschein- und Versicherungspflicht. S-Pedelecs dürfen nicht auf Radwegen fahren.
- Krafträder...
… sind Krafträder mit einem amtlichen Kennzeichen (etwa Motorräder und -roller) sowie Krafträder mit Versicherungskennzeichen (zum Beispiel Mofas, Mopeds, Mokicks und auch E-Bikes sowie S-Pedelecs).
Weitere Informationen zum Thema unangepasste Geschwindigkeit gibt es auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, des Deutschen Verkehrssicherheitsrats, der Deutschen Verkehrswacht – und hier als Download:
- Weiterführende Links
„Etwas zu schnell ist oft viel zu schnell.“
Broschüre herunterladen„Auf Landstraßen die Gefahren kennen“
Broschüre herunterladen„Echte Männer rasen nicht!“
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