Heiraten im Vorbeifahren

Wählen, Geld abheben oder den Bund der Ehe schließen: In den USA geht das alles bequem vom Fahrersitz aus.

 

12.03.2018

Fast Food vom Fahrersitz aus bestellen – das ist in Deutschland mittlerweile normal. In den USA geht einiges mehr: Autofahrer können im Drive-through heiraten, sich von einem Anwalt beraten und sogar ärztlich behandeln lassen. Wir verraten, was im Land der unbegrenzten Möglichkeiten alles im Vorbeifahren möglich ist.

Fast Food durchs Fenster

Essen bequem vom Fahrersitz aus bestellen: Erfunden hat das eine berühmte Fast-Food-Kette. 1975 öffnete der erste Drive-through für Hamburger und Co in Sierra Vista im US-Bundesstaat Arizona. Das Konzept hat sich schnell durchgesetzt und ist längst auch in Deutschland unter der Bezeichnung „Drive-in“ etabliert.

Bankgeschäfte erledigen

„Guten Tag! Wie viel Geld möchten Sie abheben?“ So könnte die Ansage in einem der ersten Drive-throughs überhaupt gelautet haben: 1930 ermöglichte die Grand National Bank von St. Louis ihren Kunden, Bankgeschäfte vom Auto aus zu erledigen. Die Kunden mussten sich zunächst daran gewöhnen, Geld per Mikrofon bei einem kaum sichtbaren Bankangestellten anzufordern. Heute ist das Alltag.

Parken, bis der Arzt kommt

Drive-throughs für medizinische Behandlungen kamen erstmals während der SARS-Epidemie im Jahr 2004 zum Einsatz. Ärzte des Stanford Hospitals versorgten Patienten in deren Autos. Mit den Blitzbehandlungen wollten die Mediziner verhindern, dass sich die Infektionskrankheit weiter ausbreitet.

Anwälte konsultieren

2010 bezog die Kanzlei Kocian Law Group ein neues Büro in einem ehemaligen Restaurant in Connecticut. Das Lokal war mit einem Drive-through-Schalter ausgestattet – das brachte die Juristen auf die Idee, eine Rechtsberatung für vorbeifahrende Autofahrer anzubieten.

Wählen „fahren“

In Denver im Bundesstaat Colorado konnten Wähler bereits 2012 per Drive-through-Voting vom Pkw aus ihre Stimme im Rahmen der Präsidentschaftswahlen abgeben. Nach einem ähnlichen Prinzip funktionierte die Sprechstunde des Politikers Kevin Murphy aus Pennsylvania: Bürger konnten sich mit dem Demokraten austauschen, ohne das Auto zu verlassen.

Drive-through und Drive-in

Drive-through (englisch für „durchfahren“) steht für die Möglichkeit, eine Dienstleistung aus dem Auto heraus wahrzunehmen. Die Kurzform lautet „Drive-thru“. Im deutschsprachigen Raum hat sich der Begriff „Drive-in“ etabliert, da viele Probleme mit der Aussprache von „through“ haben. In den USA wiederum wird „Drive-in“ für Autokinos und Schnellrestaurants mit Bedienung auf dem Parkplatz verwendet.

Wenn Gott Fahrern beisteht

Gelegentlich helfen ein paar ermutigende Worte während der Autofahrt. Wenn der Beifahrer das nicht übernimmt, springt der Pastor ein: In Los Angeles leistet ein Geistlicher am Drive-through-Schalter theologischen Beistand und lädt zum Gebet ein. Alles, was die Gläubigen am Steuer tun müssen, ist am Gebetsschalter zu halten und das Fenster herunterzulassen.

Nächster Halt: Ehe

Auf die Schnelle heiraten – nirgendwo geht das so einfach wie in Las Vegas. Für umgerechnet 60 Euro ist  eine Hochzeit in fünf Minuten im Auto möglich – nur zum Erinnerungsfoto werden die Brautpaare häufig aus dem Wagen gebeten. Auch in Florida und Massachusetts können sich Verliebte im Pkw das Jawort geben und im Anschluss einer gemeinsamen Zukunft entgegenfahren.

Abschied durch das Autofenster

Mit dem Auto zur Beerdigung fahren: Das ist nicht ungewöhnlich. Aus dem Auto heraus Abschied von einem Verstorbenen zu nehmen dagegen schon. In Los Angeles ist genau das möglich – inklusive Eintrag ins Kondolenzbuch. Der Service ist vor allem für Angehörige mit körperlichen Einschränkungen gedacht.

Cannabis kaufen

In Colorado sind Kauf und Konsum bestimmter Drogen schon seit einigen Jahren legal – da war es nur eine Frage der Zeit, bis der erste Drive-through für Cannabis an den Start ging: So geschehen im April 2017 in der Kleinstadt Parachute. Die Rauschmittel gibt es aber nicht für Jugendliche: Käufer müssen mindestens 21 Jahre alt sein.

Kunst genießen

In Massachusetts wurde eine Autowaschanlage teilweise umfunktioniert. In Kooperation mit dem Museum of Bad Art haben die Initiatoren zwei Drive-through-Angebote miteinander kombiniert: Während einer Fahrt durch die Waschstraße können sich die Autoinsassen an Kunstwerken erfreuen.

Durch die Natur fahren

Es war der wohl schönste Drive-through – und einer der ungewöhnlichsten: Bis 1969 führte eine einspurige Straße durch den Wawona Tree im Yosemite-Nationalpark im Norden Kaliforniens – dann brach der rund 2.300 Jahre alte Riesenmammutbaum unter einer heftigen Schneelast in seiner Baumkrone zusammen. Mittlerweile gibt es jedoch weitere Drive-throughs in den USA, die durch Bäume führen.

Während der Fahrt: Konzentration auf den Verkehr

Drive-throughs sind praktisch, wenn es schnell gehen soll. Doch klar ist: Zurück im Straßenverkehr ist volle Konzentration und Gelassenheit gefragt. Der Fahrer sollte seinen Hamburger aufgegessen haben, den Blick auf die Straße richten und die Händen am Lenkrad haben – nur so können Autofahrer rechtzeitig auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren – ob in den USA, Deutschland oder anderswo.

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