Neuer Asphalt gegen Glätte

Straßen, die sich selbst enteisen? Das klingt gut. Doch überflüssig werden Winterdienste vorerst nicht.

 

16.03.2018

Im Winter stellt Glätte Verkehrsteilnehmer immer wieder vor Probleme. Forscher haben einen Asphalt entwickelt, auf dem sich Eis gar nicht erst bilden soll. Gehören Winterdienste damit bald der Vergangenheit an?

Blitzeis, das sich bei Nieselregen auf der Autobahn bildet. Schnee, der sich wie eine Decke über die Fahrbahn legt. Glätte, die auch ohne Niederschlag entsteht: Im Winter sind Autofahrer mit schwierigen Bedingungen konfrontiert. Unter anderem ist der Bremsweg auf schneebedeckter Fahrbahn bis zu viermal so lang wie auf trockener Straße. Häufig geraten Fahrer aus der Spur, weil sie die Haftung verlieren. Ein innovativer Asphalt könnte gefährliche Situationen wie diese bald vergessen machen.

Umweltschonender als Streusalz

Wissenschaftler in der Türkei erforschen, wie Glätte auf der Straße gar nicht erst entsteht. Hierfür haben die Ingenieurin Dr. Seda Kizilel und ihre Kollegen von der privaten Koç Universität in Istanbul einen Asphalt entwickelt, der sich selbst enteist. Wie das funktioniert? Das Forscherteam hat das im Asphalt enthaltene Bindemittel Bitumen mit dem Enteisungsmittel Kaliumformiat vermischt. Letzteres gilt im Vergleich zum kochsalzhaltigen Streumittel als umweltschonender. Dem Gemisch fügten die Wissenschaftler ein wasserabweisendes Polymer hinzu und stellten daraus Asphalt her.

Labortests zeigen: Der neue Asphalt ist genauso haltbar wie herkömmlicher. Der Unterschied: Der neue Belag gibt bei Schneefall einen Teil seines Kaliumformiats ab. Das verzögert die Bildung von Eiskristallen auf der Straßenoberfläche. Im Labor ließ sich dieser Effekt rund zwei Monate lang nachweisen. Dass der neue Asphalt Winterdienste überflüssig macht, ist jedoch kaum zu erwarten. Tests haben auch gezeigt, dass die Bildung von Eis lediglich um bis zu 20 Minuten verzögert wird. So bleibt zwar das von Autofahrern gefürchtete Blitzeis aus. Doch Glätte tritt nach wie vor auf.

„Ziel dieser Temperierung ist unter anderem, im Winter die Straße zu erwärmen.“

Auch in Deutschland werden Technologien dieser Art erprobt. Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hat im Oktober 2017 eine Teststrecke für Straßenbauforschung am Autobahnkreuz Köln-Ost eröffnet. Noch 2018 ist geplant, auf dem 25.000 Quadratmeter großen Areal Straßenabschnitte zu temperieren. Das gelingt mit sogenannten durchströmten Zwischenschichten, das heißt: In die Straße wird Grundwasser geleitet. „Ziel dieser Temperierung ist unter anderem, im Winter die Straße zu erwärmen und so Glatteis zu verhindern“, erklärt Roderich Hillmann von der BASt.  Die Innovation dabei ist, die unterhalb der Erdoberfläche gespeicherte Wärmeenergie als natürliches Taumittel zu nutzen.

Noch zu kostspielig

Werden temperierte Straßen bald die Regel sein? „Das ist allenfalls an einigen glatteisberüchtigten Stellen denkbar“, betont Hillmann. Einer der Gründe: Die neue Technologie hat den Praxistest noch nicht bestanden – und die Lösung ist kostspielig. Es wird wohl Jahrzehnte dauern, bis Straßen im Winter vollständig eisfrei bleiben können.

Streusalz hat sich bewährt

In naher Zukunft werden bei Kälte und Schnee nach wie vor Winterdienste für weitgehend eisfreie Straßen sorgen. Das erfolgt nach einem etablierten Verfahren: In den Streumaschinen wird Auftausalz mit einer Salzlösung (Sole) angefeuchtet. Dadurch haftet das Salz besser auf der Fahrbahn. Das Salz setzt den Gefrierpunkt des Wassers herab – und die Bildung von Eiskristallen bleibt aus. Das Streusalz wirkt bei Temperaturen bis minus 21 Grad Celsius.

Das Auto vom Salz befreien

Autofahrer sollten ihr Fahrzeug gründlich reinigen, wenn der Winter vorbei ist. Mit einem Waschprogramm mit Vor- und Unterbodenwäsche lassen sich Reste von Salz zuverlässig entfernen. Ebenfalls beugt das Rostbildung vor. Damit Fahrer sicher durch die kalte Jahreszeit kommen, müssen sie ihre Fahrweise weiterhin den winterlichen Bedingungen anpassen. Das bedeutet u.a.: Geschwindigkeit reduzieren, wenn Straßen glatt sind und den Sicherheitsabstand zu anderen Fahrzeugen erhöhen. Sollte man dennoch ins Rutschen kommen: Die Kupplung treten, vorsichtig bremsen und dann behutsam in die gewünschte Richtung lenken.