10.08.2016
Mit technischen Hilfsmitteln wollen einige Städte vom Smartphone abgelenkte Fußgänger vor Unfällen schützen.
Inzwischen ist es ein gewohntes Bild auf den Straßen deutscher Großstädte: Mitten im dichtesten Verkehr bleiben Menschen unvermittelt stehen, holen ihr Smartphone heraus und beginnen zu wischen und zu tippen. Ein zutiefst leichtsinniges Verhalten, denn: Als ungeschützte Verkehrsteilnehmer sind Fußgänger ohnehin stark gefährdet.
Ein Blick in die Statistik zeigt, dass sie mit einem Anteil von 22 Prozent gut ein Fünftel aller Verkehrstoten in der Europäischen Union stellen. Bei wie vielen dieser Todesfälle ein Smartphone im Spiel war, sagt die Statistik zwar nicht aus. Klar ist aber, dass die digitalen Alleskönner im Straßenverkehr zu einem immer größeren Ablenkungsfaktor werden.
Bodenampeln sollen schützen
Um der Problematik etwas entgegenzusetzen, haben die Städte Köln und Augsburg an besonders verkehrsreichen Bahnübergängen sogenannte Bodenampeln installiert. In den Asphalt eingelassene Lichtleisten leuchten hell auf, wenn sich eine Straßenbahn nähert. Die lebenswichtigen Warnsignale sollen so auch die „Generation Kopf unten“ erreichen.
Während die Technik in Augsburg noch in der Erprobungsphase steckt, hat sich der vom Kölner Verkehrsausschuss eigens beauftrage Gutachter jedoch bereits gegen eine flächendeckende Einführung ausgesprochen. Begründung: In den Verkehrsbeobachtungen war an den beiden untersuchten Einsatzorten der Warnleuchten „keine Änderung des Verhaltens querender Personen bei Rotlicht zu erkennen“. Die Stadt Berlin hat den Bodenampeln im Frühjahr ebenfalls eine Absage erteilt. Im Straßenverkehr schaue man besser auf die Straße als aufs Handy, so ein Sprecher.
Im schlimmsten Fall bestärken Bodenampeln die Smartphone-Nutzer noch in ihrem gefährlichen Verhalten.
Falsche Erziehung
Und auch mancher Experte äußert sich skeptisch. Für den Verkehrssoziologen Andreas Knie vom Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ) in Berlin sind Bodenampeln der falsche Ansatz. Im schlimmsten Falle bestärke die Technik Smartphone-Nutzer noch in ihrem gefährlichen Verhalten. „Wer im Straßenverkehr unterwegs ist, der muss grundsätzlich aufmerksam sein“, so Knie. „Man sollte nicht versuchen, das mit Hilfe von technischen Maßnahmen wegzuregulieren.“
Dazu kommt: Wegekreuzungen sind bei weitem nicht die einzigen potenziellen Gefahrenstellen auf der Straße: Auch das Verhalten – und vor allem das mögliche Fehlverhalten – anderer Verkehrsteilnehmer muss stets mit einkalkuliert werden. „Man soll ja als Verkehrsteilnehmer nicht nur an der roten Ampel Acht geben“, so InnoZ-Experte Knie. „Aufpassen muss man immer.“
Mit den Gefahren der Ablenkung auf der Straße hat sich auch die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) auseinandergesetzt und zeigt in ihrem Video, dass dem Straßenverkehr die volle Aufmerksamkeit gelten sollte.
Fotos: dpa