Im Alter sicher auf dem Pedelec unterwegs
Ein Pedelec gibt Radfahrern neue Möglichkeiten. Doch gerade für Senioren ist das Unfallrisiko hoch. Wie ältere Menschen sicher ankommen.
16.05.2019
Das Risiko, auf einem Pedelec tödlich zu verunglücken, ist dreimal so hoch wie auf einem herkömmlichen Fahrrad. Und: Ältere Pedelec-Fahrer sind besonders gefährdet. Etwa 64 Prozent der zwischen 2014 und 2018 getöteten Pedelec-Fahrer waren älter als 75 Jahre. Bei den tödlich verunglückten Fahrern von herkömmlichen Fahrrädern betrug der Anteil im selben Zeitraum nur etwa ein Drittel.
Mehr Unfälle mit Senioren auf Elektrofahrrädern
Immer mehr Pedelecs rollen über Deutschlands Straßen. Gab es 2014 in Deutschland 1,6 Millionen Fahrräder mit elektrischem Hilfsantrieb, waren es 2018 schon 4,7 Millionen. Mit der Beliebtheit steigen auch die Unfallzahlen: 2014 nahm die Polizei 2.245 Pedelec-Unfälle mit Personenschaden auf – 2018 waren es bereits 8.147. Dabei kamen 91 Menschen ums Leben. An 30 Prozent dieser Unfälle war kein weiterer Verkehrsteilnehmer beteiligt.
Wegen diesen Fehlern verursachen ältere Pedelec-Fahrer Unfälle
Fahrrad- beziehungsweise Pedelec-Fahrer über 65 verursachen am häufigsten Verkehrsunfälle, weil sie unter anderem
● Radwege in falscher Richtung befahren,
● die „Recht vor Links“-Regel nicht beachten,
● Fehler beim Linksabbiegen machen,
● eine zu hohe Geschwindigkeit haben,
● unter Alkoholeinfluss fahren.
Vorteile und Risiken für ältere Pedelec-Fahrer
Ein Pedelec ist besonders für ältere Menschen praktisch. Im Vergleich zum Auto schont es die Umwelt und ist deutlich günstiger, Stress bei der Parkplatzsuche gibt es auch nicht. Ein Elektrofahrrad erhöht die Mobilität und bereichert den Alltag: Fahrradtouren mit den Enkeln sind mit elektrischem Rückenwind kein Problem. Zudem fördert Radfahren die Gesundheit: Muskeln und Knochen werden gestärkt, das Herz-Kreislauf-System kommt in Schwung. Mit zunehmendem Alter nimmt allerdings die Beweglichkeit ab. Seh- und Hörvermögen, Koordination und Reaktionsfähigkeit sind eingeschränkt. Damit Senioren sicher in die motorisierten Pedalen treten, gilt: Übung macht den Meister.
Die Besonderheiten eines Pedelecs kennenlernen
Auf den ersten Blick unterscheidet sich ein Pedelec kaum von einem herkömmlichen Fahrrad. Die Fahreigenschaften sind jedoch nicht vergleichbar. Ein Elektrofahrrad hat durch den Motor ein höheres Gewicht und, je nach Antriebsart, einen anderen Schwerpunkt. Der Krafteinsatz des Motors wirkt sich vor allem beim Anfahren und in Kurven aus, die Bremsen haben eine stärkere Wirkung. Ebenfalls sind höhere Geschwindigkeiten möglich als auf einem Fahrrad ohne Elektroantrieb.
Die ersten Meter mit Begleitung absolvieren
Bevor es mit dem Pedelec auf die Straße oder den Fahrradweg geht, sollten sich Senioren mit der Fahrdynamik vertraut machen. Vor allem, wenn die letzte Radtour einige Jahre zurückliegt, sollten sie den sicheren Umgang mit dem Pedelec ausgiebig üben. Ein leerer Parkplatz bietet sich für erste Fahrversuche an. Wie stark ist die Bremswirkung? Wie funktioniert die Gangschaltung? Wie ist das mit den verschiedenen Unterstützungsstufen? Wie verhalten sich die Räder beim Anfahren? Wie lassen sich Kurven sicher fahren? Am besten gewöhnen sich Senioren unter fachkundiger Aufsicht und mit geringer Motorunterstützung an das neue Fahrgefühl. In einem Kurs können sie den Umgang mit dem Pedelec systematisch lernen. Wer keinen Führerschein hat, sollte sich zudem mit den Verkehrsregeln vertraut machen.
Pedelec-Kurse für Senioren
Der Auto Club Europa (ACE) bietet spezielle Fahrsicherheitstrainings für Pedelec-Fahrer an, ebenfalls die örtlichen Verkehrswachten. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) betreibt Radfahrschulen.
Vorausschauendes Verhalten im Straßenverkehr
Neben einem geschulten Umgang mit dem Pedelec hilft umsichtiges Verhalten im Straßenverkehr, das Unfallrisiko zu minimieren. Die Geschwindigkeit sollte immer an die äußeren Bedingungen angepasst werden – u.a. an Straßenverhältnisse, Glätte oder Kurven. Auch sollten Sie ihr Tempo an die Erwartungen anderer Verkehrsteilnehmenden anpassen: Autofahrer rechnen nicht damit, dass Radfahrer mit 25 km/h unterwegs sind und nehmen ihnen womöglich unbeabsichtigt die Vorfahrt. Deshalb immer vorausschauend und defensiv fahren, beim Abbiegen und Spurwechsel einen Schulterblick durchführen und Handzeichen geben.
Gut sichtbar und mit Helm unterwegs
Damit Fahrkomfort und Sicherheit stimmen, muss das Pedelec auf die Bedürfnisse und Körpermaße des Fahrers abgestimmt sein. Der Sattel sollte nur so hoch eingestellt sein, dass beide Füße noch den Boden berühren können, der Einstieg ist idealerweise tief. Dann können Senioren problemlos auf- und absteigen. Wie für Fahrräder gilt auch für Pedelecs: In der Dämmerung und bei Dunkelheit unbedingt die Beleuchtung einschalten und um noch besser gesehen zu werden möglichst retroreflektierendes Material nutzen – beispielsweise eine Warnweste über der Kleidung tragen oder Arm- und Fußbänder. Und: Den Helm nicht vergessen. Worauf beim Kauf und Einstellen zu achten ist, erklärt der ACE im Artikel „Helme fürs Pedelec – Sicher unterwegs“.
Auf Schwerpunkt und Technik kommt es an
Ein Pedelec mit Mittelmotor weist die besten Fahreigenschaften auf. Liegt der Schwerpunkt wie etwa bei einem Elektrorad mit Nabenmotor im Hinterrad weiter hinten, lässt sich das Rad weniger gut kontrollieren. Fahrer sollten das Anfahren üben, um sich an den plötzlichen Schub zu gewöhnen. Zwei unabhängig voneinander funktionierende Bremsen gehören zu einem verkehrssicheren Fahrrad und Pedelec dazu. Ideal sind Scheibenbremsen: Sie haben mehr Bremskraft als eine Felgenbremse, erfordern deshalb aber auch mehr Feingefühl – beim Üben die Bremswirkung testen und auch mal eine Vollbremsung machen. Ohne Akku wäre das Pedelec nur ein Fahrrad. Damit der Akku möglichst lange hält, sollte er nur fachgerecht gemäß Bedienungsanleitung aufgeladen werden. Da Reifen, Bremsen und Kette mit der Zeit ermüden, ist zudem eine regelmäßige Kontrolle auf Schäden beim Fahrradspezialisten Pflicht.
Bilder: iStock
- Weiterführende Links
„Pedelec? Aber sicher!“
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