Lebensgefährlich: Baumunfälle auf der Landstraße

Landstraßen sind idyllisch. Doch wer hier nicht aufpasst, landet schnell am Baum

 

05.12.2018

Bäume am Straßenrand werden schnell zur tödlichen Falle, wenn Auto-, Motorrad- und Lkw-Fahrer die Kontrolle über ihr Fahrzeug verlieren.  519 Menschen starben 2018 bei sogenannten Baumunfällen, 62 davon innerorts, 17 auf Autobahnen, 440 auf Landstraßen. (Quelle: www.destatis.de

 

 

12.720 Verletzte und 440 Getötete auf Landstraßen durch Baumunfälle – weil die Fahrer nicht aufgepasst haben.

Laut Siegfried Brockmann (59), Leiter der Unfallforschung der Versicherer, sind sich viele Verkehrsteilnehmer des Risikos nicht bewusst, das von Bäumen am Straßenrand ausgeht. „Bäume werden eher als schmückendes Element, denn als Gefahr wahrgenommen,“ so Brockmann. Die Realität spricht eine deutliche Sprache: Von 1.759 Verkehrstoten auf Landstraßen werden 440 in der Statistik unter dem Punkt „Baumunfall“ geführt. Das sind 25 Prozent aller tödlich verunglückten Verkehrsteilnehmer auf Landstraßen. Hinzu kommen 8.567 Leicht- und Schwerverletzte.

 

 

Unfallursache Nummer eins bei Baumunfällen: Unangepasste Geschwindigkeit

Dass Verkehrsteilnehmer die Gefahr unterschätzen, belegt die Statistik. Bei 248 der 474 Baumunfall-Getöteten auf Landstraßen war die Unfallursache unangepasste Geschwindigkeit. Hintergrund: Bei Schnee, Regen, Eis, schlechtem Straßenbelag oder Blendung durch Sonnenlicht können auf einer Landstraße schon 50 km/h deutlich zu schnell sein, selbst wenn eigentlich unter optimalen Bedingungen ein höheres Tempo erlaubt ist. 

Jeder vierte Unfall mit Personenschaden (24,6 Prozent) auf Landstraßen ereignete sich in Kurven. Meist verloren die Fahrer die Kontrolle über ihr Fahrzeug und kamen von der Straße ab. Bei über der Hälfte der tödlichen Unfälle kam es zu einem Aufprall auf ein Hindernis neben der Fahrbahn, in 58,9 Prozent der Fälle war es ein Baum.

Risikogruppe junge Fahrer

Fahrer in der Altersgruppe 18 bis 24 verursachen überproportional viele Baumunfälle auf Landstraßen. 15 Prozent aller Unfälle, die diese Fahrer verursachen, enden mit einem Baumaufprall. In allen anderen Altersgruppen liegt der Schnitt zwischen acht und neun Prozent, stellt die Bundesanstalt für Straßenwesen in ihrem Baumunfall-Report 2017 fest. Mehr als jeder dritte Getötete (36 Prozent) der 18- bis 24-Jährigen starb 2017 an den Folgen eines Baumunfalls. Bei den 25- bis 64-Jährigen war es jeder Vierte (26 Prozent), bei den 65- bis 74-Jährigen jeder Fünfte (21 Prozent). „Bei jungen Fahrern treffen Unerfahrenheit und Leichtsinn zusammen. Sie unterschätzen die Situation, sind unaufmerksam und oft auch zu schnell unterwegs,“ weiß Unfallforscher Brockmann.

Autofahrer die häufigsten Unfallverursacher – und Opfer

Hauptverursacher von Baumunfällen mit Personenschaden sind die Autofahrer. Von den 7.586 registrierten Baumunfällen mit Personenschaden auf Landstraßen verursachten Pkw-Fahrer 6.645. Motorradfahrer waren für 290 und Güterkraftfahrzeugfahrer für 434 dieser Unfälle verantwortlich. 394 Menschen starben bei dieser Art von Unfällen in Autos – mehr als bei allen anderen Fahrzeugen zusammen. Jeder dritte bei Unfällen auf Landstraßen getötete Autoinsasse hat sein Leben bei einem Baumunfall verloren. Bei Lkw-Insassen war es knapp jeder Vierte, bei Motorradnutzern fast jeder Siebte.

So vermeiden Sie Baumunfälle auf der Landstraße

● Passen Sie die Geschwindigkeit außer der Einhaltung von Tempolimits immer auch an Wetterbedingung, Straßenbeschaffenheit und Sichtverhältnisse an.

● Lassen Sie sich nicht von Mitfahrern ablenken, schalten Sie Ihr Smartphone in den Flugmodus.

● Achten Sie auf Vorausfahrendende. Meist hat es einen Grund, wenn diese Fahrzeuge langsamer werden oder bremsen.

● Lassen Sie sich nicht von Emotionen zu einer riskanteren Fahrweise verleiten.

Deshalb sind Baumunfälle so gefährlich

Unfallforscher bezeichnen Bäume auch als spitzwinkligen Gegenstand. Das klingt unpassend, ist aber treffend, wenn die Breite eines Fahrzeugs im Verhältnis zum runden Baum betrachtet wird. „Kollidiert ein Fahrzeug mit einem Baum, dann wirkt er wie ein Beil. Er dringt meist tief in das Fahrzeug ein, deformiert die Fahrgastzelle, nimmt den Insassen den Überlebensraum und verletzt sie schwer,“ erklärt Unfallforscher Brockmann.

Lebensbedrohlich: Der seitliche Baumunfall

Besonders gefährlich sei der seitliche Anprall an einen Baum. „In den meisten Fällen verliert der Fahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug, das dann ins Schleudern gerät und nahezu ungebremst seitlich an den Baum prallt. Wegen der hohen Geschwindigkeiten auf Landstraßen können die passiven Sicherheitssysteme die dabei entstehende Energie nicht abbauen. Verstärkte B-Säulen und Seitenaufprallschutz schützen nur bis etwa 35 km/h. Ab einer Aufprallgeschwindigkeit von 50 km/h ist kein zuverlässiger Schutz mehr möglich,“ sagt Brockmann.

Auch Frontalunfälle gehen häufig tödlich aus

Ein Crashtest von „Auto Bild“ und der Dekra zeigt, dass nicht nur ein seitlicher Aufprall lebensgefährlich ist. Im Versuch ließen die Unfallexperten ein Fahrzeug frontal mit 80 km/h gegen einen Pfahl prallen. Das Ergebnis: Die Unfallfolgen sind verheerend. Der Pfahl dringt tief in das Fahrzeug ein, zerstört nahezu den gesamten Vorderwagen. Die Messwerte der Dummys zeigen: Der Beifahrer hätte den Unfall nicht überlebt, der Fahrer hätte mindestens schwere Verletzungen davongetragen.

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Bester Schutz: Runter vom Gas!

Bei einem Baumunfall geht alles blitzschnell. „Viele fühlen sich in ihren Autos sicher und fahren mit unangepasster Geschwindigkeit. Verlieren sie dann die Kontrolle, ist das Zeitfenster zu kurz, um noch relevant Geschwindigkeit abzubauen,“ so Siegfried Brockmann. Deshalb sollten Fahrer von Kraftfahrzeugen kein Risiko eingehen, aufmerksam bleiben und ihr Tempo auf jeden Fall den Straßen-, Sicht- und Witterungsbedingungen anpassen.

Foto: DVR