Sichtbarkeit gewinnt

Bradl: „Auf dem Motorrad sollte man seine Grenzen kennen“

 

21.06.2016

Er ist Deutschlands bester Motorradfahrer und geht seit drei Jahren in der höchsten Rennklasse für Zweiräder an den Start. Bei „Runter vom Gas“ spricht Stefan Bradl (25) über seine ersten Meter auf dem Motorrad, die Herausforderungen im Rennsport und die Gefahren von Stürzen.

Herr Bradl, Ihr Vater war selbst Motorradrennfahrer und hat Sie früh an die zweirädrigen Maschinen herangeführt. Wann saßen sie das erste Mal auf einem Motorrad?

Stefan Bradl: Mein Vater hat seine Leidenschaft fürs Motorradfahren sicher auf mich übertragen, mich aber in keiner Weise dazu gedrängt. Noch heute ist er einer meiner wichtigsten Ratgeber – und Kritiker. Ich kann mich recht gut an meine erste kleine Fahrt erinnern. Damals war ich vier Jahre alt und saß auf einem Mini-Motorcross-Bike. Ich weiß auch noch, dass ich tierische Angst vor dem Dröhnen des Motors hatte, aber die hat sich mittlerweile gelegt.

2012 haben Sie sich Ihren Traum erfüllt und sind in die höchste Rennklasse, die MotoGP, aufgestiegen. Nun sind Sie in Ihrer vierten Saison. Wo liegt die besondere Herausforderung in der Königsklasse des Motorradsports?

Stefan Bradl: Die Maschinen in der MotoGP haben mehr Kraft und sind schwieriger zu kontrollieren, nicht zuletzt, weil sie größer und technisch viel komplexer sind. Ich habe auch ein wenig gebraucht, bis ich die Elektronik verstanden habe und wusste, welchen Knopf ich in welcher Situation zu drücken habe. Anfangs musste ich mich schon sehr auf mein Motorrad einstellen und dachte phasenweise, dass ich es nie schaffen werde. Jetzt gehe ich wieder motiviert in die neue Saison und freue mich auf jedes Rennen.

Die Saison läuft von März bis November. Wie bereiten Sie sich auf die psychischen und physischen Belastungen vor?

Stefan Bradl: Ich habe einen Fitnesstrainer, der mich optimal auf die Rennserie vorbereitet. Ich gehe laufen, fahre viel Fahrrad und achte auf meine Ernährung. Motorradfahren erfordert Fitness – nicht nur als Rennfahrer, sondern auch als Hobby-Biker. Nach der Winterpause taste ich mich langsam wieder ans Motorradfahren heran, mache mich wieder mit der Maschine vertraut und erhöhe Schritt für Schritt die Fahrdistanz. Kondition, Koordination und die mentale Kraft für das Motorradfahren lassen sich für jedermann trainieren.

Seit 2005 fahren sie Motorradrennen. 2011 gewannen Sie im Moto2-Format als jüngster und als erster Deutscher seit 1993 einen Weltmeistertitel. Wie hat sich Ihr Fahrstil in all den Jahren verändert?

Stefan Bradl: Weltmeister bin ich geworden, weil ich meinen Fahrstil stets weiterentwickelt und an die Maschine und die Gegebenheiten angepasst habe. Früher habe ich mich zu sehr unter Druck gesetzt. Wer zu schnell zu viel will, landet auch schnell im Kiesbett. Das zählt für die Rennstrecke und den Straßenverkehr. Ich fahre inzwischen weicher, überdrehe nicht mehr. Aber es ist ein schmaler Grat, wenn man sich am Limit bewegt: Der kleinste Fehler kann zu Stürzen führen.

Zu schweren Unfällen kommt es im Motorradrennsport immer wieder. 2013 brachen Sie sich beim Freien Training zum Großen Preis von Malaysia den rechten Knöchel. Fürchten Sie sich vor Stürzen?

Stefan Bradl: Stürze sind schmerzhaft und definitiv nicht einfach wegzustecken. Im vergangenen Jahr bin ich in Mugello innerhalb von zwei Tagen dreimal gestürzt. Auf Erlebnisse wie in Malaysia kann ich getrost verzichten. Insgesamt wurde ich bereits sechs- oder siebenmal operiert, 2014 zweimal am Unterarm. Ängstlich steige ich trotzdem nicht auf mein Bike. Doch mir ist bewusst, dass Motorradfahren Gefahren birgt und ich die leistungsstarken Maschinen mit Respekt behandeln muss.

Ihre Freizeit verbringen Sie in Ihrer alten Heimat in der Nähe von Augsburg in Bayern. Im Freistaat sind die meisten Motorradfahrer angemeldet. Genießen Sie auch privat die Vorzüge der Region bei einer Ausfahrt?

Stefan Bradl: Ich bin gerne mit dem Motorrad stundenlang in dieser Ecke unterwegs. Im Vergleich zu dem Adrenalin und dem ständigen Stress auf der Rennstrecke wirken die Fahrten über die Landstraßen auf mich sehr entspannend. Aber das heißt nicht, dass ich nicht konzentriert bei der Sache bin. Ich muss immer vorausschauend fahren. Ganz gleich, ob auf der Rennstrecke oder Landstraße: Es ist wichtig, seine Grenzen zu kennen und kein unnötiges Risiko einzugehen.

Die Grenzen kennen und kein unnötiges Risiko eingehen: Würden Sie das auch Hobby-Bikern für eine sichere Fahrt empfehlen?

Stefan Bradl: Auf jeden Fall. Alle leidenschaftlichen Motorradfahrer sollten die Ausflüge auf ihren Maschinen genießen, dürfen aber nicht vergessen: Sie fahren keine Rennen und müssen nicht als Erster ins Ziel kommen.

Immer wieder kommt es auf deutschen Straßen zu schweren Unfällen, weil Verkehrsteilnehmer Motorradfahrer übersehen. Gemeinsam mit „Runter vom Gas“ warnen Sie vor dieser Gefahr. Wie wollen Sie Biker für dieses Thema sensibilisieren?

Stefan Bradl: Wir möchten den Motorradfahrern zeigen, wie einfach es sein kann, das Unfallrisiko zu minimieren. Häufig reichen dabei ein paar einfache Maßnahmen wie die richtige Warnweste und die passende Schutzkleidung. Ich setze mich gerne für das Thema Verkehrssicherheit ein und kann mich daher gut mit den Inhalten der Kampagne "Runter vom Gas" identifizieren. Deshalb plane ich gemeinsam mit der Verkehrssicherheitskampagne eine aufmerksamkeitsstarke Aktion beim diesjährigen MotoGP-Rennen auf dem Sachsenring.

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Für mehr Sicherheit: Stefan Bradl und „Runter vom Gas“ sensibilisieren gemeinsam Menschen für Gefahren im Straßenverkehr. (Quelle: „Runter vom Gas“)

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Auch am Sachsenring sorgten die Motorradcomics von Martin Perscheid für Freude bei den Motorradenthusiasten. (Quelle: „Runter vom Gas“)

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Auf der Suzuki-Tribüne wurden während des 2. Freien Trainings der MotoGP rund 1.500 Warnwesten verteilt. (Quelle: „Runter vom Gas“)

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