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Ein Familien-Van am Abgrund
von Matthias
Vor Jahren fuhren wir in der Adventszeit zum Familienessen auf einen Berghof. Einspuriges Bergsträßchen am Hang. Die Landschaft war dünn mit frischem Neuschnee überzogen. Wir fuhren mit zwei voll besetzten Autos, zuerst ein Allrad-Geländewagen, ich hinterher mit einem Familien-Van. Zunächst ging alles gut, doch auf der anhaltenden Steigung waren die Spurrillen festgefahren und eisig unter dem lockeren Schnee. Wir fuhren immer langsamer, da die Reifen ansonsten sofort durchgedreht wären. Obwohl wir gute Winterreifen aufgezogen hatten, war irgendwann selbst im ersten Gang Schluss, das Fahrzeug begann unaufhaltsam rückwärts zu rollen. Alles Bremsen oder Gegensteuern war zwecklos. Der Wagen wurde immer schneller, rückwärts die Straße entlang. Rechts der Hang und links der Abgrund...

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Als ich merkte, dass ich die Rutschpartie durch nichts mehr aufhalten kann, hatte ich die Wahl: linksseitig den Abhang hinunterstürzen oder hangseitig in die Hauswand eines Hofes zu krachen, der dort etwas weiter unten lag. Ich entschied, dass die Hauswand die höheren Überlebenschancen bot. Das war unser Glück. Ich steuerte unser Auto, inzwischen mit beachtlicher Geschwindigkeit und schreienden Kindern, auf den Bauernhof über dessen Einfahrt zu. Dort war der Schnee nicht festgefahren, sondern der Asphalt griffig. Dadurch wurde die Fahrt gebremst und wir kamen kurz vor der Hauswand zum Stehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit sprach der Erste wieder ein Wort. Mit einem ordentlichen Schrecken in den Gliedern zog ich Schneeketten auf, und wir feierten an diesem Tag unser Leben.
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Auf Schnee kann der Bremsweg bis zu viermal so lang sein wie auf trockener Straße. Um grundsätzlich nicht ins Rutschen zu kommen, gilt in Deutschland eine situative Winterreifenpflicht: Bei Glatteis, Schneematsch, Schnee-, Eis- oder Reifglätte müssen Fahrerinnen und Fahrer mit Winterreifen unterwegs sein. Wer auf Nummer sicher gehen will, folgt am besten der Regel „O bis O“: die Winterreifen von Oktober bis Ostern aufziehen. Wer ins Hochgebirge fährt, muss Schneeketten dabeihaben. Besonders auf steilen und vereisten Straßen hat man ohne Schneeketten keinen Grip. Runde Verkehrsschilder mit blauem Hintergrund und einem Schneekettensymbol verweisen auf eine Schneekettenpflicht.
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Matthias ist 44 Jahre alt und arbeitet als Verkehrserzieher in Freudenstadt. Er war mit seiner Frau und den fünf Kindern im Familien-Van zum Adventsessen unterwegs, als es plötzlich brenzlig wurde. Das hat Spuren hinterlassen. Noch Jahre später waren die Kinder unruhig, wenn die Familie mit dem Wagen ein Gefälle runterfuhr. Er rät anderen Verkehrsteilnehmern: „Man sollte bei jeder Fahrt immer noch Sicherheitsreserven einbauen. Es kann immer Unvorhergesehenes passieren. Das sollte jeder bedenken.“
Schockmomente
„Runter vom Gas“ hat Verkehrsteilnehmer aufgerufen, von ihren einprägsamsten Beinahe-Unfällen zu erzählen. Drei ausgewählte Short-Stories haben Illustratoren nun gezeichnet. Klick dich jetzt durch die Geschichten.
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