Alles zur Probezeit
Die Führerscheinprüfung ist bestanden – doch die Probezeit beginnt. Damit Fahranfänger ihren „Lappen“ behalten dürfen, müssen sie einiges beachten.
16.05.2018
Führerschein-Neubesitzer müssen sich im Straßenverkehr bewähren. Die ersten beiden Jahre gelten als Probezeit. Sie wurde in Deutschland am 1. November 1986 eingeführt. Halten sich Fahranfänger nicht an die Verkehrsregeln, droht eine Verlängerung der Probezeit – oder gar der Fahrerlaubnisentzug.
Junge Erwachsene haben das höchste Unfallrisiko im Straßenverkehr. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes kamen im Jahr 2018 451 junge Männer und Frauen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren bei Verkehrsunfällen ums Leben. Für diese hohe Zahl gibt es mehrere Gründe. „Junge Menschen haben bisweilen eine größere Risikobereitschaft als ältere“, sagt der Bonner Verkehrswissenschaftler Prof. Heiner Monheim.
Jugendliche Unbekümmertheit und Unerfahrenheit führen auch im Straßenverkehr zu leichtsinnigem Verhalten. So setzen sich manche junge Fahrer und Fahrerinnen ans Steuer, obwohl sie Alkohol getrunken haben. Wer sich so verhält, geht mit dem eigenen Leben und dem der anderen fahrlässig um. Mangelndes Risikobewusstsein zeigt sich auch durch überhöhte Geschwindigkeit oder heutzutage die Nutzung des Handys am Steuer. Um die Unfallzahlen zu senken und Fahranfänger für mehr Verantwortungsbewusstsein zu sensibilisieren, wurde 1986 die Probezeit eingeführt.
Maximale Probezeit: vier Jahre
Die Probezeit gilt nicht für die Mofaprüfbescheinigung sowie die Fahrerlaubnisklassen AM (Kleinkrafträder und Leichtkraftfahrzeuge) sowie L und T (Zugmaschinen). Alle anderen Fahranfänger bekommen den Führerschein– zwei Jahre lang auf Probe. Seit dem 1. Januar 1999 droht unter bestimmten Umständen eine Verlängerung der Probezeit auf vier Jahre. „Das ist dann der Fall, wenn es einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung gab“, erklärt der Dresdner Fachanwalt für Verkehrsrecht, Christian Janeczek.
Bei den Verstößen gibt es laut Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zwei Kategorien: zum einen sogenannte A-Verstöße. Darunter fallen schwerwiegende Vergehen wie Fahren mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit oder Überholen trotz Überholverbots. Zum anderen gibt es B-Verstöße. Hierbei handelt es sich um Delikte wie etwa eine abgelaufene Hauptuntersuchung oder abgefahrene Reifen. „Bei einem A-Verstoß oder zwei B-Verstößen verlängert sich die Probezeit um zwei Jahre“, sagt Janeczek. Außerdem wird der Besuch eines kostenpflichtigen Aufbauseminars für Fahranfänger (ASF) angeordnet.
Für wen gilt die Null-Promille-Grenze?
Ein absolutes Alkoholverbot am Steuer gilt für alle Fahranfänger in der Probezeit – beziehungsweise für alle jungen Fahrer vor Vollendung des 21. Lebensjahres. Werden Betroffene mit Alkohol im Blut erwischt, liegt ein A-Verstoß vor. Die Folgen: Neben Bußgeld und einem möglichen Fahrverbot verlängert sich die Probezeit um zwei Jahre. Anstelle des normalen Aufbauseminars müssen Betroffene ein besonderes Aufbauseminar bei einem Verkehrspsychologen besuchen.
Wann droht der Führerscheinentzug?
Nimmt der Fahranfänger nicht innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist an einem Aufbauseminar teil, wird seine Fahrerlaubnis entzogen. Nach dem Besuch des Aufbauseminars heißt es: Nicht zurücklehnen – denn der Führerschein ist nach wie vor in Gefahr. Kommt es in der verlängerten Probezeit zu einem weiteren A-Verstoß (oder zu zwei B-Verstößen), gibt es eine schriftliche Verwarnung. Ebenfalls erhalten Betroffene eine Empfehlung, innerhalb von zwei Monaten freiwillig an einer verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen. Kommt es innerhalb der verlängerten Probezeit erneut zu einem A-Verstoß, also zum insgesamt dritten A-Verstoß (oder weiteren zwei B-Verstößen) innerhalb von vier Jahren, wird die Fahrerlaubnis für drei Monate entzogen.
Bis zu fünf Jahre Sperrfrist
Nachdem die Fahrerlaubnis entzogen wurde, müssen Verkehrssünder eine bestimmte Zeit warten, bis die Fahrerlaubnis neu erteilt wird. In der Probezeit kann die zuständige Behörde eine neue Fahrerlaubnis frühestens nach drei Monaten ausstellen. Was der Betroffene tun muss, um die Fahrerlaubnis wieder zu bekommen (Medizinisch-Psychologische-Untersuchung, Aufbauseminar), hängt vom Einzelfall ab.
Acht Punkte – und er ist weg
Fahrern, die ihre Probezeit bestanden haben, droht bei schwerwiegenden Verkehrsverstößen ebenfalls der Entzug der Fahrerlaubnis – etwa, wenn sie mit 1,1 Promille Alkohol im Blut einen Pkw fahren. Ebenfalls ist die Fahrerlaubnis in Gefahr, wenn sich ein Täter unerlaubt vom Unfallort entfernt, obwohl beim Zusammenstoß ein Mensch getötet, schwer verletzt oder ein bedeutender Sachschaden entstanden ist. „Im Verwaltungsrecht kann ein Fahrerlaubnisentzug auch bei körperlichen oder psychischen Problemen angeordnet werden, etwa nach einem Schlaganfall oder aus altersbedingter Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen“, sagt Janeczek. Ebenfalls entzogen wird die Fahrerlaubnis, wenn Betroffene acht Punkte im Fahreignungsregister (FAER) in Flensburg gesammelt habe.
Rücksicht kommt an
Für Fahranfänger gilt das Gleiche wie für alle anderen: Sie müssen sich an die Verkehrsregeln halten, Rücksicht nehmen und unter anderem mit angepasster Geschwindigkeit fahren sowie ausreichenden Sicherheitsabstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen halten.
BF17-Teilnehmer fahren sicherer
Von Vorteil für junge angehende Führerscheinbesitzer ist, am Begleiteten Fahren ab 17 (BF17) teilzunehmen. Schon mit 16,5 Jahren können sie eine Fahrschule besuchen und vorzeitig die theoretische und praktische Prüfung ablegen. Danach dürfen sie ab ihrem 17. Geburtstag mit einer eingetragenen Begleitperson fahren. Ehemalige BF17-Teilnehmer verursachen später 23 Prozent weniger Unfälle als jene, die darauf verzichten. Da die zweijährige Probezeit mit der Erteilung der Fahrerlaubnis beginnt, können 17 Jährige BF17-Teilnehmer bereits mit 19 aus der Probezeit heraus sein.
Fotos: iStock – Vera_Petrunina, deepblue4you, FelixRenaud
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Weiterführende Links
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Initiative zum Begleiteten Fahren ab 17 - BF17
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