Sicher durch den Kreisverkehr
Wer hat Vorrang, wo muss man blinken und wann dreht man besser eine Extrarunde? Regeln und Tipps für den Kreisel.
06.07.2020
Im Kreisverkehr kommen sich Verkehrsteilnehmer seltener in die Quere als an der klassischen Ampelkreuzung. Weniger Konfliktpotenzial und mehr Übersicht erhöhen die Verkehrssicherheit. Doch ob Fußgänger, Rad- oder Autofahrer – viele wissen nicht genau, welche Regeln am und im „Kreisel“ gelten und sind irritiert. Wer die folgenden Bestimmungen kennt und beachtet, hat den Dreh schnell raus.
Der Kreisverkehr verunsichert selbst erfahrene Verkehrsteilnehmer immer wieder – trotz klarer Regeln. Man erkennt ihn gemäß Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) an der Kombination aus den Verkehrszeichen 205 „Vorfahrt gewähren“ und 215 „Kreisverkehr“ (drei weiße, entgegen des Uhrzeigersinns verlaufende Pfeile auf blauem Grund). Sie zeigen neben der Fahrtrichtung den wichtigsten Grundsatz an: Der Verkehr auf der Kreisfahrbahn hat Vorfahrt.
Wartende Fahrzeuge dürfen erst bei genügend Abstand zum nachfolgenden Verkehr einfahren. Blinken ist beim Einfahren verboten, beim Ausfahren dagegen Pflicht. Diese Regelung hilft Fehlinterpretationen und Zusammenstöße zwischen Verkehrsteilnehmern zu vermeiden. Halten, Parken und Rückwärtsfahren sind grundsätzlich verboten. Die Mittelinsel darf nur von sehr großen Fahrzeugen befahren werden, sofern sie andere dabei nicht gefährden.
Echt wahr? Der „unechte“ Kreisverkehr
Er ist selten, doch es gibt ihn: den „unechten“ Kreisverkehr. So bezeichnet man kreisförmige Knotenpunkte, die jedoch nicht mit der Kombination aus „Kreisverkehr“ und „Vorfahrt gewähren“ beschildert sind. Sie befinden sich zumeist in Wohngebieten. Hier gilt regulär „rechts vor links“ zugunsten des einfahrenden Verkehrs. Außerdem gilt die Pflicht zu Blinken beim Ein- und Ausfahren.
Das gilt für Radfahrer und Fußgänger
Im Kreisverkehr haben Radfahrer Vorfahrt vor dem ein- und ausfahrenden Verkehr, sowohl auf der Fahrbahn als auch auf dem Radweg. Grundsätzlich müssen sie ebenfalls in die vorgegebene Richtung – gegen den Uhrzeigersinn – fahren. Fußgänger hingegen haben nur vor aus dem Kreisel ausfahrenden Verkehr Vorrang, jedoch nicht vor dem einfahrenden Verkehr. Ausnahme: Vor dem Kreisverkehr befindet sich ein Zebrastreifen. Aufgrund dieser unterschiedlichen Regeln für Radfahrer und Fußgänger sollten Autofahrer am Kreisverkehr besonders vorsichtig sein.
Keine Angst vor mehrspurigen Kreisverkehren
Manche Autofahrer schaudert es vor einem zwei- oder mehrspurigen Kreisverkehr. Doch auch sie sind weniger kompliziert, als es zunächst scheinen mag. Grundsätzlich hat der Verkehr auf dem äußeren Fahrstreifen Vorfahrt vor dem auf dem inneren. Wer vor seiner Ausfahrt nicht gefahrlos auf den äußeren Streifen kommt, dreht einfach eine Extrarunde. Tipp: Vorausschauend fahren und bei einer mehrspurigen Zufahrt frühzeitig einordnen. Für die erste oder zweite Ausfahrt möglichst den rechten, für eine spätere Ausfahrt den linken, inneren Kreisfahrstreifen benutzen.
Viele Vorteile, aber keine absolute Sicherheit
Einige Argumente sprechen für den Kreisverkehr. Dort ist der motorisierte Verkehr stets in dieselbe Richtung unterwegs: gegen den Uhrzeigersinn. Das gilt in Deutschland sowie allen anderen Staaten mit Rechtsverkehr. Da man aus dem Kreisverkehr nur nach rechts abbiegen kann, überschneiden sich die Wege von Verkehrsteilnehmern deutlich seltener. Insgesamt gibt es so viel weniger Konfliktpunkte als an konventionellen Kreuzungen. Ein weiterer Unterschied: ohne Ampelanlagen entfallen möglicherweise unnötige Wartezeiten, der Verkehr fließt flüssiger und effizienter. Niedrigere Geschwindigkeiten sorgen zusätzlich für mehr Verkehrssicherheit.
Am Kreisverkehr bestehen erheblich weniger Konfliktpunkte als an der konventionellen Kreuzung.
Unfallrisiken bestehen jedoch auch am Kreisverkehr. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes ereigneten sich dort 2018 insgesamt 6.000 Unfälle mit Personenschaden. Die meisten davon – mehr als drei Viertel – passierten innerorts. Gegenseitige Rücksichtnahme hilft hier besonders, Missverständnisse und Konflikte mit schwächeren Verkehrsteilnehmern zu vermeiden.
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