Auffahrunfälle: So halten Sie Abstand

Verkehrsunfälle mit Todesfolge gehen häufig auf Abstandsfehler zurück. Mit dem „halben Tacho“ und weiteren Tipps halten Fahrer ausreichend Abstand.

 

25.02.2019

Die Straßen sind voll, die Zeit ist knapp – und der Vordermann trödelt scheinbar. Manche Menschen verlieren dabei die Geduld und fahren zu dicht auf. Häufig führen Situationen wie diese zu schweren Unfällen. Die Unfallstatistik des Statistischen Bundesamtes belegt: 2017 sind mehr als 70.000 Menschen verletzt und 203 sogar getötet worden, weil der Sicherheitsabstand nicht eingehalten wurde. 

Oft wird unterschätzt, dass mangelnder Sicherheitsabstand keine Zeit lässt, um angemessen auf das Verkehrsgeschehen zu regieren. Etwa, wenn das vorausfahrende Fahrzeug abrupt bremst. Grundsätzlich sollten Fahrer bedenken, dass der Anhalteweg lang ist: Bei Tempo 50 und einer Reaktionszeit von einer Sekunde beträgt der Anhalteweg beispielsweise knapp 29 Meter – also die Strecke vom Erkennen eines Hindernisses bis zum Stillstand des Pkw. Dies gilt unter idealen Bedingungen auf trockener Fahrbahn. In anderen Fällen kann der Anhalteweg noch deutlich länger sein.

Wann Nötigung vorliegt

Doch was bedeutet es, den richtigen Abstand zu halten? Laut Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) Paragraph 4 gilt: Der Abstand muss so groß sein, dass man auch bei einer plötzlichen Vollbremsung des Vordermanns rechtzeitig anhalten kann. Wer den Sicherheitsabstand unterschreitet und damit andere gefährdet, riskiert ein Bußgeld, Punkte im Fahreignungsregister und auch ein Fahrverbot.
Das Strafmaß richtet sich unter anderem auch nach der gefahrenen Geschwindigkeit.
Abstandsfehler gelten grundsätzlich als Ordnungswidrigkeit. Nötigung wiederum ist eine Straftat. Sie liegt vor, wenn Autofahrer über einen längeren Zeitraum extrem dicht auffahren und andere bedrängen. Erlaubt ist zwar das Betätigen der Lichthupe, um das Überholen außerhalb geschlossener Ortschaften anzuzeigen – etwa auf dem linken Fahrstreifen einer Autobahn. Doch dürfen Autofahrer das Nutzen der Lichthupe nicht überstrapazieren. Es kommt in solchen Fällen auf die Verhältnismäßigkeit an. Im Fall einer Nötigung durch wiederholtes Lichthupen drohen eine hohe Geldstrafe, Fahrverbot, der Entzug der Fahrerlaubnis oder sogar bis zu drei Jahre Haftstrafe. 

So viel Sicherheitsabstand müssen Sie mindestens einhalten

Regeln für den Sicherheitsabstand

Abstand (mindestens)

innerorts mit 50 km/h

15 m zum Vorausfahrenden

außerorts mit 100 km/h

50 m zum Vorausfahrenden

außerorts mit 130 km/h

65 m zum Vorausfahrenden

Überholen von Zweirädern

1,5 m seitlicher Abstand

Lkw außerorts

50 m zum Vorausfahrenden

Die Sicherheitsabstände sind bei schlechtem Wetter oder eingeschränkter Sicht entsprechend zu vergrößern. 

Den richtigen Abstand bestimmen

Eine Faustregel für den richtigen Abstand lautet „halber Tacho“. Das bedeutet beispielsweise: Bei 100 km/h eine Lücke von 50 Metern zum Vorausfahrenden lassen. Eine weitere Möglichkeit, den passenden Sicherheitsabstand einzuhalten, ist die „Zwei-Sekunden-Regel“. Dafür wählt man einen markanten Punkt neben der Fahrbahn – etwa einen Leitpfosten – und zählt langsam „einundzwanzig, zweiundzwanzig“, sobald der Vordermann diesen passiert. Erreicht man den Punkt selbst erst nach dieser Zeit, stimmt der Abstand. Außerorts – allen voran bei höheren Geschwindigkeiten beziehungsweise bei schlechten Witterungsverhältnissen – halten Fahrer am besten einen noch größeren Abstand und zählen drei Sekunden herunter. So stellen Autofahrer sicher, bei unvorhergesehenen Bremsmanövern rechtzeitig reagieren zu können.

Wenn die Lücke zum Vordermann durch einscherende Fahrzeuge verkleinert und dadurch der eigene Sicherheitsabstand unterschritten wird, gilt es, diesen schnellstmöglich wieder herzustellen. Wenn möglich, verzichten Sie dabei auf abrupte, starke Bremsmanöver, gehen Sie vom Gas bzw. bremsen sie leicht, um ein Auffahren des nachfolgenden Verkehrs zu verhindern. 

Das gilt für Lkw-Fahrer

Fahrer von Lastkraftwagen müssen laut StVO Paragraph 4 zusätzlich außerorts darauf achten, „ständig so großen Abstand von dem vorausfahrenden Kraftfahrzeug“ zu halten, dass ein „überholendes Kraftfahrzeug einscheren kann“. Das gilt für Kraftfahrfahrzeuge mit besonderer Geschwindigkeitsbeschränkung und einem Gespann, das länger als sieben Meter ist. Auf Autobahnen gilt: Wer einen Lkw führt, der mehr als 3,5 Tonnen wiegt, muss zwingend einen Sicherheitsabstand von mindestens 50 Metern zum Vorausfahrenden halten, sofern er selbst mehr als 50 km/h fährt. 

Der Abstand zur Seite

Nicht nur nach vorn: Auch zur Seite müssen Verkehrsteilnehmer genug Abstand halten. Vor allem sind schwächere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Radfahrer gefährdet. Wie viel Seitenabstand müssen Fahrer einhalten? Dazu macht die StVO keine konkreten Angaben. Doch Gerichtsurteile legen nahe, dass zu Radfahrern und Krafträdern ein seitlicher Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten ist. Bei einem unsicheren Kind oder einem älteren Menschen ist der Seitenabstand auf zwei Meter zu vergrößern.

Verstoßen Verkehrsteilnehmer dagegen, müssen sie mit einem Bußgeld von 30 Euro rechnen. Werden dabei Menschen gefährdet, drohen 80 Euro Bußgeld und ein Punkt im Fahreignungsregister. 

So wahren Sie Distanz

Planen Sie bereits vor Abfahrt ausreichend Zeit ein und setzen Sie sich nicht gestresst hinters Steuer. So bleiben Sie gelassen, auch wenn es vor Ihnen etwas langsamer vorangeht. Passen Sie den Abstand stets zum Vordermann an und rechnen Sie mit plötzlichen Bremsmanövern. Auch hilft ein Perspektivwechsel: Versetzen Sie sich in die Lage Ihres Vordermanns. Sicherlich trödelt er nicht absichtlich, sondern kennt sich nicht aus oder sucht einen Parkplatz. Falls Sie selbst unter Druck geraten, weil sich ein Fahrzeug von hinten nähert: Bewahren Sie Ruhe. Fahren sie weiterhin defensiv und lassen Sie den Drängler bei nächster Gelegenheit überholen, statt ihm „eine Lektion zu erteilen“. Grundsätzlich gilt: Gegenseitige Rücksicht verhindert im Straßenverkehr gefährliche Konflikte und senkt das Unfallrisiko.

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