Unfälle von Senioren im Straßenverkehr

Fast jeder dritte Verkehrstote zählt zur Generation 65+. Das sollten ältere Menschen und andere Verkehrsteilnehmer beachten, um sicher anzukommen.

 

14.09.2020

Der Bevölkerungsanteil von Menschen ab 65 Jahren wächst. Diese demografische Entwicklung spiegelt sich auch im Verkehr wider: Viele Senioren fahren Auto bis ins hohe Alter oder sind mit dem Fahrrad oder Pedelec unterwegs. Im Jahr 2019 verunglückten jedoch 52.444 Personen im Alter ab 65 Jahren im Straßenverkehr. Fast die Hälfte kam in einem Pkw zu Schaden, mehr als jeder Vierte benutzte ein Fahrrad. Und jeder Achte war als Fußgänger unterwegs. 

Über 1.000 getötete Senioren in 2019

2019 kamen 1.037 Senioren bei Verkehrsunfällen ums Leben. Das haben Auswertungen des Statistischen Bundesamtes ergeben. Demnach zählten 34 Prozent der Verkehrstoten zur Generation 65+. Damit zählt diese Gruppe zu den am stärksten gefährdeten Verkehrsteilnehmern. 414 Senioren kamen in einem Pkw ums Leben, 261 als Radfahrer, 235 starben als Fußgänger, 81 als Kraftradfahrer und 46 in sonstigen Fahrzeugen.

Senioren ab 75 haben weniger Unfälle

Statistisch gesehen sind Verkehrsteilnehmer ab 75 Jahren weniger an Unfällen beteiligt als andere. 2019 stellten diese Senioren rund 11 Prozent der Bevölkerung und verursachten 8,7 Prozent der Pkw-Unfälle. Waren sie jedoch in einen Pkw-Unfall mit Personenschaden verwickelt, galten sie in den meisten Fällen auch als Hauptverursacher (75,2 Prozent der Fälle). Das ist der höchste Wert über alle Altersgruppen hinweg. 

Ältere Fußgänger verunglücken häufig schwer

Mehr als jeder siebte Verkehrsteilnehmer, der sich 2019 leicht oder schwer verletzte, war ein Senior ab 65 Jahren (13,4 Prozent). Der Anteil der Senioren an den verletzten Radfahrern lag bei 17,6 Prozent, bei den verletzten Fußgängern waren es 22,2 Prozent. Noch höher ist der Anteil bei den Verkehrstoten: Mehr als die Hälfte der in 2019 bei Verkehrsunfällen getöteten Radfahrer (58,7 Prozent) und Fußgänger (56,4 Prozent) waren mindestens 65 Jahre alt.

Viele Unfälle mit dem Pedelec

Elektrofahrräder werden immer beliebter. Gab es 2014 in Deutschland rund 1,6 Millionen Fahrräder dieser Art, waren es 2019 schon 5,9 Millionen. So angenehm die Motorunterstützung vor allem für ältere Menschen ist: Wer mit einem Pedelec verunglückt, verletzt sich meist schwerer als auf einem herkömmlichen Fahrrad. Und: Das Risiko eines tödlichen Unfalls ist mit einem Pedelec dreimal so hoch, da diese schwerer sind und die Geschwindigkeit oft unterschätzt bzw. ohne Übung nicht beherrscht wird. Von den 2019 bei Unfällen getöteten Pedelec-Fahrern waren die Hälfte Senioren ab 75 Jahren. Bei Unfällen mit nicht motorisierten Fahrrädern betrug ihr Anteil hingegen 39,1 Prozent. 

Abbiegefehler häufigste Unfallursache

An den 300.143 Unfällen mit Personenschaden im Jahr 2019 waren 77.927 Fahrer ab 65 Jahren beteiligt. Dabei begingen sie 52.417 Fehler, die zu einem Unfall führten (14,8 Prozent aller von der Polizei aufgenommenen Verfehlungen von Fahrern). Die drei häufigsten Fehler von Senioren als Fahrer von Pkw, Krafträdern, Lkw und anderen Fahrzeugen waren: 

●    Missachten der Vorfahrt oder des Vorrangs (9.722)
●    Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- und Anfahren (9.551)
●    Abstandsfehler (5.089) 
 

Das müssen andere Verkehrsteilnehmer über Senioren wissen

● Die meisten älteren Menschen kompensieren nachlassende Fähigkeiten (Reaktionsfähigkeit, Sehvermögen und weitere) im Straßenverkehr sehr gut, in dem sie beispielsweise auf Nachtfahrten verzichten. In einem hohen Alter bzw. aufgrund von Erkrankungen kann ihnen die Teilnahme am Straßenverkehr schwerer fallen. Andere Verkehrsteilnehmer, besonders motorisierte, müssen darauf besondere Rücksicht nehmen.

 

● Senioren bewegen sich in der Regel langsamer. Die Grünphase einer Fußgängerampel kann für sie zu kurz sein, um eine Straße zu überqueren. Gedulden Sie sich, wenn ein Senior die Straße überquert und drängeln Sie nicht.

 

● Bieten Sie Älteren Hilfe an, wenn Sie erkennen, dass sie allein nicht zurechtkommen. Helfen Sie ihm beispielsweise beim Überqueren einer Straße.

 

● Mit zunehmendem Alter nehmen Hör- und Sehfähigkeit sowie Beweglichkeit ab.

 

● Radfahrende Senioren haben manchmal Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten. Wenn Sie einen Rad fahrenden Senior überholen, vergrößern Sie den Seitenabstand auf mindestens zwei Meter. Notfalls warten.

 

● Senioren haben unter Umständen ein eingeschränktes Reaktionsvermögen. Oft kompensieren sie das mit Routine, das gelingt aber nicht immer.

 

● Senioren können in komplexen Situationen überfordert sein, da sie das Verkehrsgeschehen nicht vollkommen erfassen.

 

● Suchen Sie beim Abbiegen Sichtkontakt mit Senioren, auch wenn Sie annehmen, dass sie nicht die Straße überqueren wollen.

 

● Ältere Menschen schätzen Gefahren manchmal nicht richtig ein und könnten unvorhersehbar reagieren. Drosseln Sie Ihr Tempo und seien sie bremsbreit – auch als Radfahrer.

 

Selbstkontrolle: Kann ich noch sicher Auto fahren?

Diese Aspekte sollten autofahrende Senioren regelmäßig überprüfen und mit Ärzten oder Fahrlehrern besprechen:

 

● Fällt der Blickwechsel vom Verkehr auf den Tacho, also von fernen auf nahe Objekte, schwer?

 

● Brauchen die Augen länger, um sich auf wechselnde Lichtverhältnisse einzustellen? Das lässt sich etwa bei Tunnelfahrten feststellen.

 

● Wie gut werden Objekte aus den Augenwinkeln wahrgenommen?

 

● Werden Warntöne im Auto und Außengeräusche (Hupen oder Martinshörner) noch deutlich wahrgenommen?

 

● Wie schwer fällt der Schulterblick?

 

● Fällt es zunehmend schwerer, sich auf mehrere Objekte im Stadtverkehr gleichzeitig zu konzentrieren?

 

Das können Sie als Senior für sich selbst tun

● Fördern Sie Ihre Fitness: Bewegen Sie sich ausreichend, trainieren Sie Ihr Gehirn, absolvieren Sie regelmäßig Gesundheitschecks und Sehtests.

 

● Passt das Fahrzeug zu Ihren Bedürfnissen? Eine hohe Sitzposition, bequemes Einsteigen, einfache Bedienung, Assistenzsysteme wie Notbremsassistent erleichtern den Verkehrsalltag.

 

● Nutzen Sie ein Fahrrad mit tiefem Rahmen, auf das Sie einfach steigen können. Ein bequemer Sattel und fest montierte Körbe für den Einkauf bringen Komfort und Sicherheit.

 

● Sorgen Sie dafür, dass man Sie sieht. Kleidung oder Zubehör mit reflektierendem und fluoreszierendem Material erhöht die Sichtbarkeit.

 

● Nutzen Sie Trainingsprogramme und Informationsveranstaltungen z.B. der Verkehrsclubs und -verbände. Oder nehmen Sie an Seniorenveranstaltungen zum Thema Verkehrssicherheit des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) oder der Deutschen Verkehrswacht (DVW) teil.

 

Weitere Informationen zum Thema Senioren im Straßenverkehr gibt es auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, des Deutschen Verkehrssicherheitsrats, der Deutschen Verkehrswacht – und hier als Download.