Verkehrsunfälle von Kindern
Die Kids tragen selten die Hauptschuld. Was Autofahrer und Eltern tun können, um Mädchen und Jungen im Straßenverkehr zu schützen, zeigt ein Überblick.
14.09.2020
Die Zahl der im Straßenverkehr verunglückten Kinder hat in den vergangenen vier Jahrzehnten deutlich abgenommen. Verunglückten 1978 noch 72.129 unter 15-Jährige, waren es im vergangenen Jahr 28.005. Besonders tragisch ist es, wenn Kinder bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommen. 2019 lag die Zahl der getöteten Kinder bei 55. Das ergeben die Auswertungen des Statistischen Bundesamtes.
Kinder tragen selten die Hauptschuld an einem Unfall. Personen unter 15 Jahren waren 2019 lediglich bei 8.046 von 300.143 Unfällen mit Personenschaden Hauptverursacher. Das waren gerade einmal 2,7 Prozent, und das obwohl Kinder einen Anteil von 13,7 Prozent an der Gesamtbevölkerung Deutschlands ausmachen. Insgesamt kamen im vergangenen Jahr 3.046 Menschen im Straßenverkehr ums Leben. 14 dieser Todesfälle gingen auf das Fehlverhalten von Kindern zurück – 0,5 Prozent aller Getöteten.
Die meisten Kinder verunglücken im Auto
Besonders gefährdet sind Kinder laut Unfallstatistik als Insassen in einem Pkw. Etwas mehr als ein Drittel (10.410) der rund 28.000 in 2019 verunglückten Kinder kamen im Auto zu Schaden. 9.620 als Radfahrer, 6.050 als Fußgänger. Die Gefahr, bei einem Verkehrsunfall ums Leben zu kommen, ist für Kinder hingegen zu Fuß am größten. Von den 55 getöteten Personen unter 15 Jahren in 2019 waren 22 Fußgänger, 21 Insassen eines Pkw und 7 Radfahrer. Fünf Kinder verunglückten in Fahrzeugen wie Lkw, landwirtschaftlichen Zugmaschinen oder auf Krafträdern tödlich.
Alle 19 Minuten kommt ein Kind zu Schaden
Gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil haben Kinder ein deutlich geringeres Unfallrisiko als andere Verkehrsteilnehmer: 2019 betrug der Anteil von Kindern unter 15 Jahren an allen in Deutschland bei Straßenverkehrsunfällen Verunglückten 7,2 Prozent. Dennoch: Durchschnittlich alle 19 Minuten kam ein Kind im Straßenverkehr zu Schaden.
Fehlverhalten von Kindern
Auch wenn Kinder bei Straßenverkehrsunfällen mit Personenschaden selten die Hauptschuld tragen, stellte die Polizei 2019 insgesamt 9.668 Fehlverhalten von Kindern zwischen sechs bis einschließlich 14 Jahren fest.
Die meisten Fehler (6.556) machten Kinder als Radfahrer. Die häufigsten Fehler:
- Falsche Straßenbenutzung (1.304)
- Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- und Anfahren (1.224)
- Missachten der Vorfahrt/des Vorrangs (730)
Außerdem registrierte die Polizei 3.112 Fehlverhalten von Kindern, die als Fußgänger in Unfälle mit Personenschaden verwickelt waren. Hier war der häufigste Fehler das falsche Verhalten beim Überschreiten der Fahrbahn (2.749), davon:
- 1.518 Mal Überschreiten der Fahrbahn, ohne auf den Fahrzeugverkehr zu achten
- 787 Mal Überschreiten der Fahrbahn durch plötzliches Hervortreten hinter Sichthindernissen
- 180 Mal Überschreiten der Fahrbahn an Stellen, an denen der Fußgängerverkehr durch Polizeibeamte oder Lichtzeichen geregelt war
Das sollten Sie über das Verhalten von Kindern im Straßenverkehr wissen
Kinder haben weder die Erfahrung noch die Wahrnehmung eines Erwachsenen. Sie sind neugierig, wollen entdecken, was um sie herum passiert, sind oft übermütig und achten dabei nicht immer auf das Verkehrsgeschehen bzw. können es einfach noch nicht richtig einordnen. Im Straßenverkehr sind sie besonders gefährdet, weil …
● ... sie bis zum Alter von etwa zehn bis zwölf Jahren noch ein eingeschränktes Blickfeld haben und dadurch Fahrzeuge und Verkehrsteilnehmer, die sich ihnen von der Seite nähern, später bemerken als Erwachsene.
● … sie Geräusche nicht so exakt verorten können und deshalb nicht rechtzeitig bemerken, aus welcher Richtung zum Beispiel ein Rettungsfahrzeug kommt.
● … sie aufgrund ihrer Körpergröße oftmals über parkende Autos und andere Hindernisse nicht hinwegsehen können.
● … sie Gefahren oftmals gar nicht oder nur unzureichend einschätzen können.
● … sie frühestens ab dem Grundschulalter Geschwindigkeiten abschätzen können.
● … sie nicht mehrere Aspekte gleichzeitig erfassen können und in komplexen Situationen schnell überfordert sind.
● … sie einen starken Bewegungsdrang haben und deshalb unvermittelt auf die Fahrbahn laufen.
● … sie insbesondere beim Laufen oftmals oft nicht nach links und rechts sehen und nicht so gut abrupt abstoppen können.
● … sie impulsiv sind und sich in vielen Situationen nicht vernünftig verhalten.
● … sie auf Grund ihrer geringen Körpergröße von anderen Verkehrsteilnehmern häufig spät wahrgenommen werden.
Das können Sie als Eltern tun
Eltern können ihren Kindern richtiges Verhalten im Straßenverkehr beibringen und sie auf bestimmte Situationen vorbereiten, um das Unfallrisiko zu minimieren. Folgende Maßnahmen bieten sich an:
● Beginnen Sie möglichst früh mit der Verkehrserziehung und nicht erst, wenn Ihr Kind allein zur Schule geht oder radelt.
● Leben Sie korrektes Verhalten vor, seien Sie stets und auch unter Zeitdruck ein Vorbild.
● Trainieren Sie den Schulweg und Gefahrensituationen.
● Überfordern Sie Ihr Kind nicht. Gehen Sie gemäß seiner altersbedingten Entwicklung Schritt für Schritt vor.
● Im Auto sichern Sie Ihr Kind richtig in dafür vorgesehenen Kindersitzen. Mehr Infos gibt es hier.
● Benutzen Sie auf dem Fahrrad und im Fahrradanhänger ausschließlich zugelassene Sitze. Achten Sie darauf, dass Ihr Kind einen Helm und Kleidung oder Zubehör mit reflektierenden und fluoreszierenden Materialien trägt. Gehen Sie dabei mit gutem Beispiel voran.
Das können Sie als Autofahrer tun:
Ob auf dem Fahrrad oder zu Fuß, ob in Begleitung eines Erwachsenen oder allein: Begegnet Ihnen im Straßenverkehr ein Kind, müssen Sie sich als Autofahrer besonders aufmerksam und rücksichtsvoll verhalten. Dazu gehört, dass Sie …
● ... das Tempo reduzieren.
● … bremsbereit sind.
● … mit unberechenbarem Verhalten rechnen, vor allem vor Ihrem Fahrzeug.
● … mit weiteren Kindern rechnen.
● … vorausschauend fahren.
● … an Schulen, Kindergärten, Spielplätzen, Zebrastreifen und Bushaltestellen besonders vorsichtig sind, auch wenn Sie zunächst keine Kinder bemerken.
So werden Unfalldaten erhoben
Hier ansehenPolizeibeamte tragen die Ursachen eines Verkehrsunfalls in ein sogenanntes Erhebungspapier ein. Dabei greifen sie auf ein seit 1975 geltendes Ursachenverzeichnis zurück. Wichtig: Die Beamten können pro Unfall zwei allgemeine Ursachen angeben, beispielsweise Straßenverhältnisse, Witterungseinflüsse oder Hindernisse. Ebenso können sie dem Hauptverursacher und einem weiteren Beteiligten jeweils bis zu drei personenbezogene Fehler zuschreiben. Dieses sogenannte personenbezogene Fehlverhalten umfasst beispielsweise das Missachten der Vorfahrt, Fahren mit unangepasster Geschwindigkeit und falsche Straßenbenutzung. Pro Unfall sind demnach bis zu acht Unfallursachen möglich. Das erklärt, warum die Statistik 2019 mehr personengebundene Verfehlungen von Beteiligten (368.149) als Unfälle mit Personenschaden (300.143) aufweist. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden erhält und erfasst alle Daten aus den Bundesländern und erstellt die bundesweite Verkehrs- und Unfallstatistik.
Begriffsdefinitionen
Hier ansehen- Unfälle mit Personenschaden ...
... sind Alleinunfälle oder Zusammenstöße, bei denen Personen verletzt oder getötet werden.
- Verunglückte ...
... sind Personen (auch Mitfahrer), die bei einem Unfall verletzt oder getötet werden. Verunglückte werden auch als Verkehrsopfer oder Unfallopfer bezeichnet.
- Getötete ...
... sind Personen, die innerhalb von 30 Tagen an den Folgen eines Unfalls sterben.
- Schwerverletzte ...
... sind Personen, die unmittelbar für mindestens 24 Stunden zur stationären Behandlung in einem Krankenhaus aufgenommen werden.
- Leichtverletzte ...
... sind Personen mit allen anderen Arten von körperlichen Schäden, die durch einen Unfall verursacht werden.
- Beteiligte ...
... werden alle Fahrzeugführer oder Fußgänger genannt, die selbst (oder deren Fahrzeug) Schaden erlitten oder hervorgerufen haben. Verunglückte Mitfahrer zählen demnach nicht zu den Unfallbeteiligten.
Weitere Informationen zum Thema Kinder im Straßenverkehr gibt es auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, des Deutschen Verkehrssicherheitsrats, der Deutschen Verkehrswacht – und hier als Download:
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